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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Zeit, in der er überliefert worden ist – <strong>und</strong> das ist ausnahmslos <strong>die</strong><br />

Neuzeit, wie wir sehen werden.<br />

Eine andere Masche, um ein angeblich hohes Alter von Handschriften<br />

zu begründen, ist das oft verbreitete Märchen, daß irgendein findiger<br />

Forscher in einer Bibliothek oder einem Archiv längst vergessene<br />

Aufzeichnungen gef<strong>und</strong>en habe.<br />

Beispielsweise habe der Humanist Poggio Bracciolini – Conrad Ferdinand<br />

Meyer setzte ihm mit seinem Plautus im Nonnenkloster ein<br />

literarisches Denkmal – während des Konstanzer Konzils „1415 <strong>und</strong><br />

1416“ mehrere Abstecher ins Kloster Sankt Gallen gemacht <strong>und</strong> dort<br />

zahllose römische Schriftsteller entdeckt: Quintilian, Valerius Flaccus,<br />

Pedianus, Lukrez, Silius Italicus, Ammianus Marcellinus (Baldauf,<br />

5 ff.).<br />

Aber <strong>die</strong> Quellen lassen einen im Unklaren, ob Poggio <strong>die</strong> Manuskripte<br />

abgeschrieben, ausgeliehen oder gestohlen hat. Und weshalb<br />

waren <strong>die</strong> Sankt Galler Mönche so ungebildet, daß sie nicht<br />

ahnten, was für literarische Schätze in ihrem Kloster herumlagen?<br />

Das ist nur eine von Dutzenden von haarsträubenden Auffindungsgeschichten,<br />

welche <strong>die</strong> Humanisten erf<strong>und</strong>en haben, um zu verheimlichen,<br />

daß sie selbst <strong>die</strong> Texte geschrieben haben.<br />

Die Handschriftenforscher haben sich unendliche Mühe gegeben,<br />

Schriften zu vergleichen <strong>und</strong> so einen „reinen“ Text, etwa der Bibel<br />

herzustellen. – Dabei vergessen <strong>die</strong> Gelehrten, daß <strong>die</strong>se Handschriften<br />

alle aus der gleichen Zeit stammen <strong>und</strong> sich somit kaum<br />

feststellen läßt, was älter oder jünger ist.<br />

Schlimmer noch: Hinter <strong>die</strong>sem Wirrwarr verschiedener Manuskripte<br />

steht eine bewußte Fälscherabsicht. - Weshalb etwa wurden vier<br />

Evangelien geschaffen, wo doch eine Frohbotschaft gereicht hätte?<br />

Auch bei Chroniken über <strong>die</strong> alte <strong>Eidgenossen</strong>schaft, etwa dem <strong>Bern</strong>er<br />

Diebold Schilling, gibt es eine komplexe <strong>und</strong> letztlich unentwirrbare<br />

Folge von Fassungen. Aber <strong>die</strong>ses Durcheinander wurde künstlich<br />

geschaffen, um eine Entstehung über Jahre <strong>und</strong> Jahrzehnte behaupten<br />

zu können.<br />

Die „antiken“ griechischen <strong>und</strong> römischen Schriftsteller sind uns<br />

sämtlich nur aus „mittelalterlichen“ Handschriften überliefert. Aber<br />

aus welcher Zeit stammen <strong>die</strong>se?

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