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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Feller kann deshalb so selbstsicher <strong>die</strong> Geschichte der Stadt darzustellen<br />

<strong>und</strong> deren Entfaltung als Werk der göttlichen Vorsehung hinzustellen,<br />

weil er getreu <strong>die</strong> chronikalischen Quellen wiedergibt. Für<br />

<strong>die</strong> ältere Zeit bis nach der Reformation sind das Justinger <strong>und</strong> Anshelm.<br />

Hat man <strong>die</strong> letzteren Chronisten analysiert, so versteht man auch<br />

Feller. Die Theodizee, <strong>die</strong> göttliche Bestimmung im menschlichen<br />

Handeln, welche der Geschichtsschreiber des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

bringt, folgt teilweise wörtlich derjenigen der genannten <strong>alten</strong> Historiographen.<br />

Weil Feller unkritisch <strong>die</strong> <strong>alten</strong> Chronisten wiedergibt, fallen ihm auch<br />

<strong>die</strong> gröbsten Widersprüche in seiner Darstellung nicht auf. Er stellt<br />

keine Fragen, weshalb <strong>Bern</strong> „in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts“<br />

das Städtchen Aarberg insgesamt dreimal gekauft hat. Feller<br />

erkennt auch <strong>die</strong> anderen Merkwürdigkeiten in <strong>Bern</strong>s Expansionspolitik<br />

nicht. So wird nicht hinterfragt, warum <strong>die</strong> Stadt häufig ein fremdes<br />

Städtchen kriegerisch einnimmt, um es nachher rechtmäßig<br />

durch Kauf zu erwerben – geschehen etwa mit Burgdorf.<br />

Auch sucht man bei Feller vergeblich nach einer Antwort, weshalb<br />

<strong>Bern</strong>s Westpolitik, also <strong>die</strong> Beherrschung der Waadt, während drei<br />

Jahrh<strong>und</strong>erten erfolglos war.<br />

Noch gröbere Widersprüche treten hervor, wenn Feller <strong>die</strong> Bildung<br />

<strong>und</strong> das Latein in der Stadt behandelt. Getreu seiner fixen Meinung,<br />

daß hier <strong>die</strong> Außenpolitik den Vorrang über den Kommerz <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Bildung hatte, zeichnet <strong>die</strong>ser Historiker ein abstruses Bild der Bildungsverhältnisse<br />

im älteren <strong>Bern</strong>. Zwar hätte es schon „ab dem 14.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert“ in der Stadt eine Lateinschule gegeben, aber <strong>die</strong>se sei<br />

nur auf <strong>die</strong> praktischen Bedürfnisse, also besonders <strong>die</strong> Kanzlei<br />

ausgerichtet gewesen:<br />

Zumeist erreichten geistige Bewegungen anderer Länder den <strong>Bern</strong>er<br />

nicht. … Die geistige Speise blieb durch Jahrzehnte unerfrischt. …<br />

<strong>Bern</strong>s Durchgang durch das Latein war dürftig, weil man nicht nach<br />

dem Geist trachtete, den das Latein erschloß … Mit dem Latein versagte<br />

sich <strong>Bern</strong> den gangbarsten Weg zur geistigen Welt. ... Die geistige<br />

Ausstattung darbte, weil <strong>die</strong> Kopfarbeit in <strong>Bern</strong> gering geachtet<br />

war (Feller, II, 57 f.).<br />

Die Idealstadt <strong>Bern</strong> war also eine geistige Wüste. Da verw<strong>und</strong>ert,<br />

daß der Ort so bedeutsam wurde, obwohl er doch von Spießern beherrscht<br />

wurde. Und man kann kaum begreifen, daß <strong>Bern</strong> neben Zü-

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