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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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wird. Die Anfangs-Initiale der Urk<strong>und</strong>e ist sogar ausgesprochen dürftig<br />

ausgeführt.<br />

Das also soll <strong>Bern</strong>s ältestes schriftliches Zeugnis sein, kaum 27 Jahre<br />

nach seiner angeblichen Gründung ausgestellt? Das ist doch etwas<br />

zu viel behauptet!<br />

Nun ist <strong>die</strong> <strong>Bern</strong>er Handfeste bei den Geschichtsforschern häufig<br />

angefochten worden. Seit Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde von verschiedenen<br />

Gelehrten ein erbitterter Streit um <strong>die</strong> Echtheit der Urk<strong>und</strong>e<br />

geführt.<br />

Die Meinung, <strong>die</strong> sich herauskristallisierte war <strong>die</strong>, daß <strong>die</strong> Handfeste<br />

eine Fassung aus späterer Zeit sei. Kaiser Karl IV. soll sie bei<br />

seinem Besuch in <strong>Bern</strong> „1365“ bestätigt haben.<br />

Andere – auch Richard Feller – wollten <strong>die</strong> Urk<strong>und</strong>e nur zeitlich nach<br />

vorne schieben, aber sonst als echt hinstellen. Wiederum andere<br />

h<strong>alten</strong> zur spitzfindigen Auffassung, daß <strong>die</strong> <strong>Bern</strong>er Handfeste zwar<br />

unecht sei, aber ein echtes Siegel trage. – Und heute hält man offiziell<br />

in <strong>Bern</strong>, daß das Dokument wohl nur „einige Jahrzehnte“ nach<br />

dem behaupteten Datum verfaßt worden sei.<br />

1953 – im Jahr des Jubiläums „<strong>Bern</strong> 600 Jahre im B<strong>und</strong> der <strong>Eidgenossen</strong>“<br />

ist aus der Feder des damaligen Stadtbibliothekars Rudolf<br />

Strahm ein Buch erschienen, das auf 130 Seiten zu beweisen suchte,<br />

daß <strong>die</strong> <strong>Bern</strong>er Handfeste echt <strong>und</strong> zweifellos im Jahre „1218“<br />

ausgestellt worden sei.<br />

Strahms Buch stellt einen Tiefpunkt der Geschichtswissenschaft dar.<br />

Es ist nicht <strong>die</strong> Argumentation, <strong>die</strong> bei dem Buch betrübt, sondern<br />

<strong>die</strong> Tatsache, daß damit alle kritischen Ansätze in der Geschichtswissenschaft<br />

verworfen werden <strong>und</strong> <strong>die</strong> heute herrschende vollkommene<br />

Urk<strong>und</strong>enanbetung eingeleitet wurde.<br />

Nebenher ein letzter Einwand gegen Strahms ärgerliche Apologie<br />

der <strong>Bern</strong>er Handfeste: Wer so viel Seiten aufwendet, um <strong>die</strong> Echtheit<br />

nur einer Urk<strong>und</strong>e zu stützen, beweist das Gegenteil!<br />

Aus geschichtskritischer Sicht ist <strong>die</strong> ganze Auseinandersetzung um<br />

<strong>die</strong> Echtheit oder Fälschung der <strong>Bern</strong>er Handfeste verlorene Liebesmüh.<br />

Diese Urk<strong>und</strong>e ist so echt <strong>und</strong> so falsch wie alle anderen<br />

Stücke. - Und man muß einwenden, daß <strong>die</strong> Forscher allzu sehr nur<br />

formale Kriterien untersuchten: Wie unterscheide ich eine echte von<br />

einer falschen Urk<strong>und</strong>e von Friedrich II.? Das ist ein Katz-<strong>und</strong>-Maus-<br />

Spiel, weil alle Dokumente zeitlich auf einer Ebene stehen.

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