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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Wer wollte nicht vor Demut stumm werden über <strong>die</strong> erwähnten<br />

Schätze der Sankt Galler Stiftsbibliothek oder der einzelnen Kantons-<br />

<strong>und</strong> Universitätsbibliotheken! Eine Aura der Ehrfurcht vor angeblich<br />

ur<strong>alten</strong> Schriften wird geschaffen, <strong>die</strong> einer kritischen Betrachtung<br />

abträglich ist. – Es geht hier um Quellenanalyse, nicht um<br />

Quellenbew<strong>und</strong>erung.<br />

In Cologny bei Genf gibt es <strong>die</strong> bekannte Handschriftensammlung<br />

der Bodmeriana, genannt nach dem Schweizer Mäzen Martin Bodmer.<br />

Dieser sammelte zwischen 1930 <strong>und</strong> 1970 <strong>die</strong> erlesensten<br />

Kostbarkeiten, um das schriftliche Vermächtnis der Menschheit zu<br />

dokumentieren.<br />

In der Sammlung Bodmer kann man etwa Papyrustexte mit dem Johannesevangelium<br />

bew<strong>und</strong>ern, <strong>die</strong> angeblich weniger als h<strong>und</strong>ert<br />

Jahre nach dem Tode Jesu geschrieben worden sind. - Man darf ruhig<br />

sagen, daß Bodmer aus hehren Absichten <strong>die</strong> primitivsten Textfälschungen<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts erworben hat.<br />

Wie bestimmt man überhaupt das Alter von Handschriften?<br />

Die Forscher huldigen hier einem doppelten Positivismus, dem des<br />

Inhalts <strong>und</strong> dem der Schrift.<br />

Eine Evangelienhandschrift ist gr<strong>und</strong>sätzlich schon „ab dem 2. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

nach Christus“ möglich – weil der Beginn der Redaktion der<br />

Frohbotschaft vor sage <strong>und</strong> schreibe 1900 Jahren begonnen habe.<br />

Und eine Handschrift ließe sich auch nach der Schrift datieren. Eine<br />

Capitalis sei älter als eine Unziale, <strong>und</strong> <strong>die</strong> karolingische Minuskel<br />

immerhin Jahrh<strong>und</strong>erte älter als <strong>die</strong> spätmittelalterlichen <strong>und</strong> Renaissance-Schriften.<br />

Aber <strong>die</strong> Sache mit den „mittelalterlichen“ Schriften ist ein einziger<br />

riesiger Betrug. Schon Kammeier hat festgestellt, daß <strong>die</strong> angebliche<br />

Schriftentwicklung ein Phantasieprodukt ist (Kammeier, 166).<br />

Die Unterschiede in <strong>alten</strong> Schriften sind konstruiert. Mehr noch: Ob<br />

„spätrömisch“ oder „mittelalterlich“, jede Buch- <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>enschrift<br />

zeigt bei genauer Betrachtung, daß dort <strong>die</strong> gotische Schrift einer<br />

einzigen Schreibepoche durchscheint.<br />

Und <strong>die</strong>se Zeit unterschreitet nicht das zweite Viertel oder sogar das<br />

zweite Drittel des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Das muß so sein. Aus der modernen Graphologie wissen wir, daß<br />

ein Schreiber unmöglich über längere Abschnitte seine gewohnte

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