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Die Weltraetsel

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55174 Haeckel: <strong>Die</strong> Welträtsel<br />

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hauptete, ließ in seiner Seelenwanderung eine und<br />

dieselbe Seele (oder »Idee«) durch verschiedene Tierund<br />

Menschenleiber hindurch wandern. Erst das Christentum,<br />

welches den Unsterblichkeitsglauben auf das<br />

engste mit dem Gottesglauben verknüpfte, führte die<br />

prinzipielle Scheidung zwischen der unsterblichen<br />

Menschenseele und der sterblichen Tierseele durch. In<br />

der dualistischen Philosophie gelangte sie vor allem<br />

durch den Einfluß von Descartes (1643) zur Geltung;<br />

er behauptete, daß nur der Mensch eine wahre<br />

»Seele« und somit Empfindung und freien Willen besitze,<br />

daß hingegen die Tiere Automaten, Maschinen<br />

ohne Willen und Empfindung seien. Seitdem wurde<br />

von den meisten Psychologen – namentlich auch von<br />

Kant – das Seelenleben der Tiere ganz vernachlässigt<br />

und das psychologische Studium auf den Menschen<br />

beschränkt; die menschliche, meistens rein introspektive<br />

Psychologie entbehrte der befruchtenden Vergleichung<br />

und blieb daher auf demselben niederen Standpunkt<br />

stehen, welchen die menschliche Morphologie<br />

einnahm, ehe sie Cuvier durch die Begründung der<br />

vergleichenden Anatomie zur Höhe einer »philosophischen<br />

Naturwissenschaft« erhob.<br />

Das wissenschaftliche Interesse für das Seelenleben<br />

der Tiere wurde erst in der zweiten Hälfte des achtzehnten<br />

Jahrhunderts neu belebt, im Zusammenhang<br />

mit den Fortschritten der systematischen Zoologie und<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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