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Die Weltraetsel

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55523 Haeckel: <strong>Die</strong> Welträtsel<br />

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faßt, keine neuen Erfindungen des Christentums, sondern<br />

sie sind von diesem aus älteren Religionsformen<br />

herübergenommen. In der Tat ist ja die »Goldene<br />

Regel«, welche diese Gebote in einem Satze zusammenfaßt,<br />

Jahrhunderte älter als das Christentum. In<br />

der Praxis des Lebens aber wurde dieses natürliche<br />

Sittengesetz ebenso oft von Atheisten und Nichtchristen<br />

sorgsam befolgt als von frommen, gläubigen<br />

Christen außer acht gelassen. Übrigens beging die<br />

christliche Tugendlehre einen großen Fehler, indem<br />

sie einseitig den Altruismus zum Gebote erhob, den<br />

Egoismus dagegen verwarf. Unsere monistische Ethik<br />

legt beiden gleichen Wert bei, sie findet die vollkommene<br />

Tugend in dem richtigen Gleichgewicht von<br />

Nächstenliebe und Eigenliebe. (Vergl. Kapitel 19:<br />

Das ethische Grundgesetz.)<br />

In größten Gegensatz zum Christentum tritt unser<br />

Monismus auf dem Gebiete der Schönheit. Das ursprüngliche,<br />

reine Christentum predigt die Wertlosigkeit<br />

des irdischen Lebens und betrachtete dasselbe<br />

bloß als eine Vorbereitung für das ewige Leben im<br />

»Jenseits«. Daraus folgt unmittelbar, daß alles, was<br />

das menschliche Leben im »<strong>Die</strong>sseits« darbietet, alles<br />

Schöne in Kunst und Wissenschaft, im öffentlichen<br />

und privaten Leben, keinen Wert besitzt. Der wahre<br />

Christ muß sich von ihm abwenden und nur daran<br />

denken, sich für das Jenseits würdig vorzubereiten.<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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