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Die Weltraetsel

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55543 Haeckel: <strong>Die</strong> Welträtsel<br />

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daß das Goldene Grundgesetz polyphyletisch entstanden,<br />

d.h. zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen<br />

Orten von mehreren Philosophen – unabhängig<br />

voneinander – aufgestellt worden ist. Anderenfalls<br />

müßte man annehmen, daß Jesus dasselbe aus anderen<br />

orientalischen Quellen (aus älteren semitischen,<br />

indischen, chinesischen Traditionen, besonders buddhistischen<br />

Lehren) übernommen habe, wie es jetzt<br />

für die meisten anderen christlichen Glaubenslehren<br />

nachgewiesen ist. Saladin faßt die bezüglichen Ergebnisse<br />

der modernen kritischen Theologie in dem Satze<br />

zusammen: »Es gibt keinen vernünftigen und praktischen,<br />

von Jesus gelehrten Moralgrundsatz, der nicht<br />

vor ihm auch schon von anderen gelehrt worden wäre<br />

(Thales, Solon, Sokrates, Plato, Konfutse usw.)«.<br />

Da das ethische Grundgesetz demnach bereits seit<br />

2500 Jahren besteht, und da das Christentum dasselbe<br />

ausdrücklich als höchstes, alle anderen umfassendes<br />

Gebot an die Spitze seiner Sittenlehre stellt, würde<br />

unsere monistische Ethik in diesem wichtigen Punkte<br />

nicht nur mit jenen älteren heidnischen Sittenlehren,<br />

sondern auch mit den christlichen in vollkommenem<br />

Einklang sein. Leider wird aber diese erfreuliche Harmonie<br />

dadurch gestört, daß die Evangelien und die<br />

paulinischen Episteln viele andere Sittenlehren enthalten,<br />

die jenem ersten und obersten Gebote geradezu<br />

widersprechen. <strong>Die</strong> christlichen Theologen haben<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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