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Die Weltraetsel

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55497 Haeckel: <strong>Die</strong> Welträtsel<br />

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Wie verhält sich nun zu diesen gewaltigen, alles<br />

frühere weit überbietenden Fortschritten der Naturerkenntnis<br />

das moderne Christentum? Zunächst wurde<br />

naturgemäß die tiefe Kluft zwischen den beiden<br />

Hauptrichtungen desselben immer größer, zwischen<br />

dem konservativen Papismus und dem progressiven<br />

Protestantismus. Der ultramontane Klerus (- und im<br />

Verein mit ihm die orthodoxe »Evangelische Allianz«<br />

-) mußten naturgemäß jenen mächtigen Eroberungen<br />

des freien Geistes den heftigsten Widerstand entgegensetzen;<br />

sie verharrten unbeirrt auf ihrem strengen<br />

Buchstabenglauben und verlangten die unbedingte<br />

Unterwerfung der Vernunft unter das Dogma. Der liberale<br />

Protestantismus hingegen verflüchtigte sich<br />

immer mehr zu einem monistischen Pantheismus und<br />

strebte nach Versöhnung der beiden entgegengesetzten<br />

Prinzipien; er suchte die unvermeidliche Anerkennung<br />

der empirisch bewiesenen Naturgesetze und der<br />

daraus gefolgerten philosophischen Schlüsse mit einer<br />

geläuterten Religionsform zu verbinden, in der freilich<br />

von der eigentlichen Glaubenslehre fast nichts mehr<br />

übrig blieb. Zwischen beiden Extremen bewegten sich<br />

zahlreiche Kompromißversuche; darüber hinaus aber<br />

drang in immer weitere Kreise die Überzeugung, daß<br />

das dogmatische Christentum überhaupt jeden Boden<br />

verloren habe, und daß man nur seinen wertvollen<br />

ethischen Inhalt in die neue, monistische Religion des<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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