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SYLVIA MOOSMÜLLER – RALF VOLLMANN<br />
2.3 Variabilität<br />
Bezüglich der onset und offset Werte besteht eine ziemlich große Variabilität<br />
zwischen den untersuchten Varietäten. Im Vergleich zu den Messungen, die Iivonen<br />
(1989) an Wiener hochsprachlichem Material vorgenommen 7 hat, weisen die Diphthonge<br />
/aE/ und /AO/ eine geringere artikulatorische Bewegung auf, weiters sind sie<br />
zentralisierter. Große Variabilität bezüglich der Artikulation von Diphthongen wurde<br />
auch in anderen Sprachen beobachtet (vgl. Lehiste und Peterson 1961, Pols 1977 zitiert<br />
nach Collier, Bell-Berti und Raphael 1982). Der Grad der Toleranz für artikulatorische<br />
Variabilität ist von der Anzahl der Diphthonge in einer Varietät abhängig. So<br />
entsprechen besonders die „offset” Werte im Standard-Chinesischen, das elf Diphthonge<br />
hat, den Werten der Vokale, die sie beschreiben (Svantesson 1984). Die österreichische<br />
Hochsprache verfügt nur über drei Diphthonge /aE/, /AO/ und /OE/. Daher<br />
wird jede steigende Bewegung im vorderen oder hinteren Bereich korrekt als Diphthong<br />
/aE/ oder /AO/ interpretiert 8 . Für die steirische Varietät gilt diese Annahme jedoch<br />
nicht, da in dieser Varietät betonte Vokale diphthongiert werden: z.B. [lEem1]<br />
für „Leben” und [Sd5Ook] für „Stock”. Allzu große artikulatorische Variabilität bei<br />
der Produktion der Diphthonge /aE/ und /AO/ könnte folglich zu homophonen Formen<br />
führen: [rOos] für „Roß” und *“raus”. Dies könnte ein möglicher Grund dafür<br />
sein, daß in der steirischen Varietät die Diphthonge eher der intendierten phonologischen<br />
Repräsentation entsprechen.<br />
2.4 Spektrale Veränderung in der Zeit<br />
Ein Diphthong wird üblicherweise chararkterisiert als eine Abfolge von stationärem<br />
Teil – Transition – stationärem Teil (Lehiste (1964: 5). Die zeitliche Organisierung<br />
dieser drei Elemente ist jedoch sprach- bzw. varietätenspezifisch (Lindau,<br />
Norlin und Svant esson 1985) und trägt so zur unterschiedlichen Qualität ein<br />
und desselben Diphthongs bei. Auch bei den hier untersuchten Varietäten können<br />
Unterschiede bezüglich der zeitlichen Organisierung beobachtet werden. In der<br />
steirischen Varietät ist der Diphthong durch einen relativ langen stationären Teil zu<br />
Beginn, der ca. die Hälfte der Diphthongdauer beansprucht, gekennzeichnet (siehe<br />
Diagramm 2). Dieses Muster kann vor allem bei der Bewegung des zweiten Formanten<br />
beobachtet werden, der erste Formant weist eine geringfügige gleitende<br />
7<br />
die Versuchspersonen wurden gebeten, isolierte Wörter vorzulesen.<br />
8<br />
Fallende Diphthonge entstehen nur in der Folge postlexikalischer Prozesse, z.B. als Folge<br />
der r-Vokalisierung.<br />
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