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VEDA VYDAVATEĽSTVO SLOVENSKEJ AKADÉMIE VIED

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HANS FRIESEN<br />

wie Willem van Reijen in seiner viele weitere Stellen zitierende Lektüre gezeigt<br />

hat 16 , solche Verschränkungen. Der erste Satz lautet:<br />

„Sich in einer Stadt nicht zurechtfinden heißt nicht viel. In einer Stadt sich<br />

aber zu verirren, wie man in einem Walde sich verirrt, braucht Schulung. Da<br />

müssen Straßennamen zu dem Irrenden so sprechen wie das Knacken trockner<br />

Reiser und kleine Straßen im Stadtinnern ihm die Tageszeiten so deutlich wie<br />

eine Bergmulde widerspiegeln.“<br />

Und wenn Benjamin sich an eine Rückfahrt aus den Sommerferien erinnert,<br />

auf der er sich das „öde Beisammensitzen“ einfach wegdenkt, schreibt er:<br />

„Seither münden für mich die Dünen Koserows oder Wenningstedts hier in<br />

der Invalidenstraße, wo den andern die Sandsteinmassen des Stettiner Bahnhofs<br />

entgegentreten.“<br />

Benjamin verschränkt seine Bilder der Stadt immer wieder mit solchen der<br />

Landschaft und der Natur. Willem van Reijen zitiert in seiner ausführlichen Beschäftigung<br />

mit den Benjaminschen Städtebildern auch eine Stelle aus einem Text<br />

über Moskau, die ich hier wiedergeben möchte: „Die Häuserwildnis“, sagt Benjamin<br />

hierin über Moskau, „ist so undurchdringlich, daß nur das Blendende im<br />

Blick erfaßt wird. ... Ehe ich Moskaus wirkliche Landschaft entdeckt, seinen<br />

wirklichen Fluß gesehen, seine wirklichen Höhen gefunden habe, ist jeder Straßendamm<br />

schon ein umstrittener Fluß, ... jeder seiner Riesenplätze mir ein See<br />

geworden.“ Willem van Reijen will zeigen, daß wir aus dem Umschlagen der<br />

Metaphern in den Benjaminschen Städtebildern etwas durchaus Kreatives ziehen<br />

können. Das setze jedoch voraus, daß wir die mit der Kontrast-Beziehung von<br />

Stadt und Land verbundene Absicht erkennen, die darin besteht, die Landschaft<br />

in die Stadt zu holen und auf diese Weise als Landschaft zu retten. Willem van<br />

Reijen belegt seine Sichtweise mit einer Textstelle, die er in: „Paris, die Hauptstadt<br />

des XIX. Jahrhunderts“ gefunden hat. Dort heißt es: „Der Städter, dessen<br />

politische Überlegenheit über das Land im Laufe des Jahrhunderts vielfach zum<br />

Ausdruck kommt, macht den Versuch, das Land in die Stadt einzubringen.“<br />

Auch die 1933 vom Congrés Internationaux d'Architecture Moderne formulierte<br />

„Charta von Athen“ versteht die moderne Stadt als eine, die selbst eine<br />

landschaftliche Gliederung erhalten soll.“<br />

16 W. v. Reijen, Der Schwarzwald und Paris. Heidegger und Benjamin, München 1998. „<br />

Vgl. M. Steinmann (Hg.), CIAM: Dokumente 1928-1938, Basel/Boston/Stuttgart 1979. T. Hilpert,<br />

Le Corbusiers Charta von Athen – Texte und Dokumente, Braunschweig/Wiesbaden 1988. E. Führ,<br />

Die CIAM-Debatte um den öffentlichen Raum, In: Arch+, 105/106, S. 95 – 97.<br />

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