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VEDA VYDAVATEĽSTVO SLOVENSKEJ AKADÉMIE VIED

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HANS FRIESEN<br />

anderen, Heideggerschen Worten: Der Schwarzwaldhof ist aus dem Vermögen,<br />

Himmel und Erde, die Göttlichen und die Sterblichen einfältig in die<br />

Dinge einzulassen, errichtet worden. Auf diese Weise bekam er seine charakteristische<br />

Ausprägung. Er wurde an einer windgeschützten Berglehne nahe einer<br />

Quelle errichtet. Er bekam ein weit ausladendes Schindeldach, das in geeigneter<br />

Schräge die Schneelasten trägt. Nicht zu vergessen ist Heidegger zufolge der<br />

Herrgottswinkel hinter dem gemeinsamen Tisch, desweiteren die geheiligten<br />

Plätze für Kindbett und Totenbaum. Nur wer so baut, vermag bereits das Wohnen.<br />

Alle anderen sind heimatlos. Ein das Geviert repräsentierendes Gebäude ist<br />

für Heidegger nicht das Hochhaus in der Großstadt, sondern der Bauernhof im<br />

Schwarzwald. Die Gebäude, die Heidegger meint, gibt es in der Großstadt nicht.<br />

Es gibt sie ausschließlich in der Provinz. Wir müssen also, wie Heidegger ausdrücklich<br />

betont, in der Provinz bleiben. Die Entscheidung für die provinzielle<br />

Lebensweise bedeutet zugleich die Ablehnung der Großstadt und ihrer Sprache.<br />

Heidegger verwendet vorwiegend die Sprache der heimatlichen Gegend, Fremdwörter<br />

vermeidet er gänzlich. Daher rührt auch die Ablehnung der pluralistischen<br />

Massengesellschaft und der Technik. Diese reaktionäre Auffassung Heideggers<br />

läßt sich mit dem Selbstverständnis der Moderne, die sich den Rückgriff<br />

auf die Tradition versagt und ihre Maßstäbe aus sich selber schöpft, nicht vereinbaren.<br />

Heidegger und Le Corbusier beispielsweise stehen an entgegengesetzten<br />

Ufern, die durch keine Brücke verbunden sind, die aber, so meine ich, von<br />

einer kommenden Brücke verbunden werden könnten. Zu diesem Zweck möchte<br />

ich im folgenden dem Schwarzwaldhof die Wohnmaschine, wie sie von der modernen<br />

Architektur für die Großstadt entworfen wurde, gegenüberstellen und<br />

beide miteinander vergleichen.<br />

Die Wohnmaschine á la Le Corbusier, die „so sachlich-praktisch wie eine<br />

Schreibmaschine“ gebaut werden müsse 14 , eröffnet dastehend eine moderne und<br />

urbane Welt; aber sie stellt diese nicht, wie Heidegger es sowohl vom griechischen<br />

Tempel als auch vom Schwarzwaldhof sagen würde 15 , auf die Erde<br />

zurück. Und darin ist sie ganz und gar modern-urban. Während die sich Licht,<br />

Luft und Sonnenschein öffnende Wohnmaschine durch einen Verlust der Erde<br />

kennzeichnet, charakterisiert sich der Schwarzwaldhof, der sich mitten in der<br />

Provinz verschließt, durch einen Verlust von urbaner Welt. Im folgenden möchte<br />

ich an diesen beiden Bauwerken zeigen, daß das, was sich in einer phänomeno-<br />

50<br />

14 Vgl. Le Corbusier, Ausblick auf eine Architektur, Braunschweig/Wiesbaden 1982.<br />

15 Vgl. M. Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerkes, Stuttgart 1986.

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