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Forschungs - Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung

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6.3 Zusammenfassung <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

Das französische <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>system unterscheidet sich deutlich von anderen<br />

<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>systemen im europäischen Kontext. Ohne auf die Besonderheiten eingehen zu<br />

können – verwiesen sei nur auf Studien von Pierre Bourdieu bzw. Studien, die seine Ansätze<br />

weiterentwickeln 62 , die sich mit den Besonderheiten der Laufbahnorganisation im<br />

wissenschaftlichen Feld in Frankreich beschäftigen - müssen die unten kurz skizzierten<br />

Sachverhalte in Erinnerung behalten werden, um das Umfeld, in dem <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>politik <strong>und</strong><br />

<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>finanzierung in Frankreich erfolgt, zu berücksichtigen.<br />

die Trennung zwischen „Innen“ <strong>und</strong> „Außen“, zwischen „PositionsinhaberInnen“ <strong>und</strong> „Nicht-<br />

InhaberInnen“ ist im französischen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>system überdurchschnittlich hart ausgeprägt.<br />

Temporäre Arbeitsverhältnisse als ForscherIn – finanziert über Projektförderung – existieren<br />

kaum: Nach dem Studienabschluss (Doktorat) wird unmittelbar um den Zugang zu<br />

Anstellungsverhältnissen an den unterschiedlichen wissenschaftlichen Lehr- <strong>und</strong><br />

<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>institutionen konkurriert, die de facto als Lebenszeitanstellung anzusehen sind.<br />

Der Wettbewerb – ob nun als formale Wettbewerbsprüfung (concours) oder als<br />

kommissionelles Verfahren organisiert – um die Eintrittspositionen ist äußerst selektiv, in der<br />

Regel mit mehrjährigen Wartezeiten (bzw. Vorbereitungszeiten) verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> hochgradig<br />

von schulischen Titeln (AbsolventIn einer der Grandes Ecoles u.ä.) <strong>und</strong> schulischen<br />

Leistungseinsätzen abhängig. Mit der hohen Bedeutung, die schulischen Titeln auch noch für<br />

die Besetzung von <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>stellen zukommt, setzen sich Mechanismen der sozialen<br />

Differenzierung auf dieser Ebene fort. Die – konjunkturbedingt stark schwankende -<br />

Wartezeit zwischen dem Abschluss des Doktoratsstudiums <strong>und</strong> der Aufnahme eines<br />

„Regeldienstverhältnisses“ stellt für den wissenschaftlichen Nachwuchs ein zentrales Problem<br />

dar, weil in dieser Zeitspanne kaum öffentliche Unterstützungsmechanismen greifen.<br />

Zugleich sind „Quereinstiege“ in ForscherInnenlaufbahnen kaum möglich.<br />

Das Selbstverständnis der ForscherInnen als „wissenschaftliche BeamtInnen“ ist ausgeprägt<br />

<strong>und</strong> führt – trotz einer ausgeprägten institutionellen Binnenorientierung – zu einer starken<br />

Identifikation mit dem „wissenschaftlichen Feld“ insgesamt <strong>und</strong> – trotz konkurrierender<br />

Positionen unter den ForscherInnen – zu einer die (relative) Autonomie der <strong>Forschung</strong><br />

einfordernden bzw. verteidigenden Gr<strong>und</strong>haltung. Der Anspruch des „wissenschaftlichen<br />

Feldes“ auf Selbststeuerung – insbesondere bei der Vergabe von Anstellungsverhältnissen,<br />

der Honorierung von Leistungen <strong>und</strong> der Entscheidung darüber, was relevante<br />

wissenschaftliche <strong>Forschung</strong> darstellt – erscheint in Frankreich damit noch weit ausgeprägter<br />

als in anderen europäischen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>systemen.<br />

Aus Perspektive der Entwicklung von Elementen eines Monitoringsystems erscheinen<br />

insbesondere die vielfältigen Formen interessant, in denen im wissenschaftlichen Feld in<br />

Frankreich forschungspolitische Expertise stimuliert wird. Besonders entscheidend erscheinen<br />

dabei die vielfältige Einrichtung konkurrenzierender, teils disziplingruppenspezifischer<br />

Beratungsgremien (vgl. die Gründung eines Gremiums für die Human- <strong>und</strong><br />

Sozialwissenschaften Conseil national de Coordination des Sciences de l’Homme et de la<br />

Société - bisher: Conseil national du developpement des sciences humaines et sociales).<br />

62 Vgl. insbes. Bourdieu (1992) <strong>und</strong> Lebaron (2000).<br />

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