Forschungs - Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung
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3.2 Strukturelle <strong>und</strong> institutionelle Fallstudien<br />
3.2.1 Geistes-, kultur- <strong>und</strong> sozialwissenschaftliche Programmfindung im<br />
Norwegischen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat (NFR)<br />
Das modernisierte norwegische <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>förderungssystem zeichnet sich durch einige<br />
Besonderheiten aus: Es ist erstens relativ autonom von der Politik bzw. der staatlichen<br />
Verwaltung angesiedelt, <strong>und</strong> es ist zweitens durch den <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat als wichtigstem Akteur<br />
stark zentralisiert. Drittens ist die Förderungspolitik sehr viel stärker an Themen als an<br />
Disziplinen orientiert, <strong>und</strong> viertens schließlich ist es möglichst transparent <strong>und</strong> an begleitende<br />
Evaluierungen geknüpft. Beim folgenden detaillierten Blick auf die Förderung der Soft<br />
Sciences interessieren uns vor allem die beiden letzten Punkte, nämlich die thematische<br />
Orientierung <strong>und</strong> die ”Förderungsbegleitung”.<br />
Ausgangspunkt bei der Finanzierung der Soft Sciences ist in Norwegen das Argument der<br />
Gesellschaftsrelevanz bzw. die Feststellung, dass es in der Gesellschaft Wissensbedürfnisse<br />
gibt, <strong>und</strong> zwar sowohl auf administrativer Ebene des Staates wie auch auf der Ebene der<br />
Zivilgesellschaft. In den sozial-, geistes- <strong>und</strong> kulturwissenschaftlichen<br />
<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>programmen des Norwegischen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rats geht es also vor allem darum,<br />
diese vorhandenen Wissensbedürfnisse der Gesellschaft durch <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>programme<br />
abzudecken.<br />
Die konkreten Modalitäten, wie Programme zustande kommen sind unterschiedlich: Die<br />
Initiative kann auf die Scientific Community zurückgehen oder auf einen mehr oder weniger<br />
klar definierten Auftrag eines Ministeriums. Programme können aber auch von ExpertInnen<br />
im <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat ausgehen, die sich ebenfalls darum kümmern, forschungsrelevante<br />
Veränderungsprozesse in der Gesellschaft wie auch in der Wissenschaft zu identifizieren. Ein<br />
Beispiel dafür ist der seit 1993 laufende Programmschwerpunkt ”Europäisierung des<br />
Nationalstaats” (ARENA). Obwohl es ein Gr<strong>und</strong>lagenforschungsprogramm ist, das vor allem<br />
an den Universitäten angesiedelt ist, ging die Initiative dafür vom <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat aus <strong>und</strong><br />
wurde dann gemeinsam mit den ForscherInnen im Dialog entwickelt. Finanziert wurde dieses<br />
Programm schließlich zur Gänze vom <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat.<br />
Im <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat gibt es zwar kein organisiertes System für die Suche nach neuen<br />
Themenstellungen für Programme, doch man verfügt über Beratungskomitees (Advisory<br />
Committees). In der sozial- <strong>und</strong> kulturwissenschaftlichen Abteilung gibt es seit kurzem ein<br />
Komitee für Sozialwissenschaften, ein Komitee für Geisteswissenschaften <strong>und</strong> ein Komitee<br />
für multidiszipläre <strong>Forschung</strong>. Wer in diesem Komitees sitzt, entscheidet der <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat;<br />
in der Regel sind sie sowohl mit VertreterInnen der Wissenschaft, der Gesellschaft <strong>und</strong> der<br />
Ministerien besetzt.<br />
Bis 2000 gab es noch 10 bis 15 solcher Komitees. Diese Komitees mussten ihre Vorschläge<br />
dem <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat vorlegen <strong>und</strong> einen Bericht darüber schreiben, welche Anwendungen sie<br />
für ihre jeweiligen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>gebiete in der Zukunft sehen <strong>und</strong> dabei unter anderem Fragen<br />
beantworten, wie: Welche Felder sind neu? Welche Felder sind schon abgedeckt? Gibt es<br />
<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>felder, an welchen die Scientific Community (noch) nicht arbeitet? Es existiert im<br />
<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>rat aber kein reguläres Monitoring-System, das sich gezielt auf die Suche nach<br />
interessanten Themenstellungen machen würde.<br />
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