Forschungs - Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung
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Universitäten hingegen galten als Stabilität <strong>und</strong> Kontinuität sichernde Einrichtungen des<br />
Geisteslebens. Ihre Aufgabe war zum einen die Bewahrung <strong>und</strong> Weitergabe der kulturellen<br />
Traditionen. Zugleich bildeten sie professionelle <strong>und</strong> administrative Eliten aus. Die<br />
Lehrkräfte haben in etwa das Prestige späterer Gymnasiallehrer, das Prestige der Professoren<br />
an juristischen <strong>und</strong> medizinischen Fakultäten kam von der Profession, nicht von der<br />
Universität. Einige Lehrkräfte betrieben <strong>Forschung</strong>, aber das war ihre Privat- <strong>und</strong><br />
Nebentätigkeit, kein Erfordernis ihrer Lehre.<br />
Auf indirekte Weise haben die Universitäten freilich schon in der frühen Neuzeit die<br />
wissenschaftliche Revolution in Europa unterstützt. Die korporative Struktur der<br />
Universitäten hat das Entstehen einer autonomen, von anderen sozialen Subsystemen<br />
unabhängigen intellektuellen Klasse ermöglicht. Dabei ist nicht der soziale Status der<br />
Intellektuellen angesprochen, der in Ländern, wo diese Rolle stärker mit kultischen bzw.<br />
politischen Funktionen verknüpft war, häufig höher war als in Europa, sondern die<br />
Möglichkeit der Durchsetzung einer "relativen Autonomie" des intellektuellen Lebens. Die<br />
philosophischen <strong>und</strong> wissenschaftliche Revolutionen der Neuzeit haben sich zwar fast alle<br />
außerhalb der (<strong>und</strong> in Opposition zu den) Universitäten ereignet, aber das ändert nichts daran,<br />
dass das intellektuelle Feld, auf dem sich Konsens <strong>und</strong> Dissens bildeten, wesentlich durch die<br />
korporativen Freiheiten der mittelalterlichen <strong>und</strong> frühneuzeitlichen Universitäten konstituiert<br />
wurde. (In dieser Hinsicht verdeutlichen die Universitäten die Wichtigkeit der korporativen<br />
Bewegungen des europäischen Mittelalters, an denen sie erfolgreich partizipierten.)<br />
2.2 Die Neudefinition der Universität im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts hatten sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so<br />
verändert, dass die Universität zur "Heimstätte der <strong>Forschung</strong>" (Wittrock 1985) werden<br />
konnte. Das setzte aber eine Umgestaltung der Universitäten voraus, die in den verschiedenen<br />
Ländern mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten <strong>und</strong> unterschiedlichen Schwerpunkten<br />
erfolgte. Außerhalb der Universitäten hatten die Wissenschaften einen Reifegrad erlangt, der<br />
eine gesellschaftliche Nutzung ihrer Ergebnisse immer häufiger machte. Damit erlangten die<br />
Wissenschaften auch für die systematische Ausbildung bestimmter Professionen an<br />
Bedeutung. Darüber hinaus nahmen das Tempo <strong>und</strong> der Umfang wissenschaftlicher<br />
<strong>Forschung</strong> rapide zu, an die Stelle episodischer Innovationen trat ein kontinuierlicher Prozess.<br />
Auch unter dem Gesichtspunkt der Systematisierung <strong>und</strong> Tradierung des wachsenden Outputs<br />
an <strong>Forschung</strong> war eine stärkere Verflechtung zwischen <strong>Forschung</strong> <strong>und</strong> Universität<br />
naheliegend. Die Universität konnte nun die Produktion neuen Wissens mit einer<br />
systematischen Ausbildung des <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>nachwuchses verknüpfen.<br />
2.2.1 Deutschland<br />
Die klassische Humboldt'sche Begründung der Einheit von <strong>Forschung</strong> <strong>und</strong> Lehre grenzt die<br />
Universitäten, an denen Studenten <strong>und</strong> Lehrer gleichermaßen in einen offenen,<br />
unabschließbaren Prozess der Wahrheitssuche involviert sind, sehr scharf von Schulen ab, in<br />
denen kodifiziertes Wissen weitergegeben wird. Mit einem 50jährigen Vorsprung gegenüber<br />
allen übrigen Ländern wurde damit in Deutschland <strong>Forschung</strong> zur Basis der Universität<br />
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