Forschungs - Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung
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Lokale Bedeutung hatten vor allem geistes- <strong>und</strong> naturwissenschaftliche Fakultäten, da bei<br />
ihnen die Steuerung <strong>und</strong> wissenschaftliche Aufsicht der Lycées lag. Während die Fakultäten<br />
für Medizin <strong>und</strong> Recht die prestigereichen akademischen Professionen ausbildeten, hatten die<br />
Wissenschaften eine eher subalterne Stellung (Bindung an die Sek<strong>und</strong>arschule). Der Zutritt<br />
zum gehobenen Staatsdienst erfolgte über die grandes écoles.<br />
Entscheidend war, daß die Integration des Systems vertikal verlief, zwischen dem<br />
Ministerium <strong>und</strong> den Fakultäten. Eine lokale Koordination der an einem Ort angesiedelten<br />
Fakultäten erfolgte in der Phase der nationalen Universität nicht. Nach mehreren<br />
Reformversuchen wurde dieses System 1890 in einzelne Universitäten aufgebrochen, die aber<br />
de facto eher als nominelle Einheiten fungierten, während die entscheidenden Prozesse<br />
weiterhin zwischen dem Zentrum <strong>und</strong> der Fakultät stattfanden (starke top-bottom<br />
Verbindung bürokratischer <strong>und</strong> zünftischer Autorität).<br />
In jeder Hinsicht bleiben die nationalen Elemente des System gegenüber den institutionellen<br />
bestimmend: das Personal wird vom Staat nach einem einheitlichen Dienstrecht beschäftigt,<br />
die Abschlüsse vom System als ganzes Vergeben, nicht von der einzelnen Universität, das<br />
Budget wird nach einheitlichen Richtlinien vom Zentrum aus untergliedert. Es hat zahlreiche<br />
Versuche gegeben, diesen extremen Zentralismus aufzubrechen, wenigstens zu mildern.<br />
Frankreich ist aber ein gutes Beispiel für das Beharrungsvermögen eines zentralistischen<br />
Regimes. Der eigentliche Elitesektor, die grandes écoles, blieben ohnehin von allen<br />
Reformmaßnahmen ausgespart.<br />
2.2.3 Großbritannien<br />
Oxford <strong>und</strong> Cambridge dienten bis zur Mitte des 16. Jhs der Ausbildung der Kleriker; danach<br />
kam als neue Klientel der männliche adelige Nachwuchs hinzu. Seit jeher war das System<br />
sehr klein: jährlich wurden 300-500 Neuzugänge aufgenommen, zu Zeiten des Niedergangs<br />
im 18. Jh nur 200-250. Das prägende Merkmal war das College, das eine in sich<br />
abgeschlossene Einheit war (mit eigenen Studenten, Personal, Ressourcen, Identität), wobei<br />
die Universität als Föderation dieser Colleges fungierte. Das englische College war eine<br />
Lebensform, in deren Mittelpunkt weniger kognitive Inhalte oder professionelle<br />
Kompetenzen, sondern Persönlichkeitsbildung <strong>und</strong> Sozialisation in die Werte der gebildeten<br />
Elite stand. Die dafür erforderliche intensive Beziehung zwischen Student <strong>und</strong> Tutor setzte<br />
einen Internatsbetrieb <strong>und</strong> sehr kleine Einheiten voraus <strong>und</strong> war entsprechend kostspielig.<br />
In den 4 schottischen Universitäten hingegen wurde um die Mitte des 18. Jhs das Tutorsystem<br />
aufgegeben <strong>und</strong> der fachlichen Spezialisierung mehr Raum gegeben. Dieses schottische<br />
System hat um die Mitte des 19. Jhs auch das englische System beeinflusst. Das hat der<br />
<strong>Forschung</strong> an den Universitäten einen starken Auftrieb gegeben, ohne dass man die<br />
Kernstruktur des Humboldt'schen Systems (Lehrstuhl, Institut) angenommen hätte. Weiterhin<br />
blieb das multidisziplinäre College die Gr<strong>und</strong>einheit der traditionellen Universitäten, an<br />
denen sich auch die Neugründungen des 19/20. Jhs orientierten. Es gab keinen PhD,<br />
entscheidend war der Bachelor. Im Mittelpunkt der Identität von Hochschulangehörigen stand<br />
die Lehre, <strong>Forschung</strong> war eine zusätzliche Aufgabe. Bis ins späte 20. Jh wird weiters die<br />
Kleinheit typisch bleiben für das englische System; das gilt für das Gesamtsystem wie für die<br />
einzelnen Universitäten. Noch um 1980 betrug die durchschnittliche Größe 3000-5000<br />
Studierende (mit Ausnahme der atypischen University of London).<br />
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