Forschungs - Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung
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In Großbritannien (England, Nordirland, Schottland <strong>und</strong> Wales) gibt es 89 Universitäten <strong>und</strong><br />
49 Colleges of Higher Education. Die Colleges bieten nur ein <strong>und</strong>ergraduate Studium (mit<br />
Abschluss Bachelor) an, sind daher keine <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>einrichtungen <strong>und</strong> sind in diesem<br />
Zusammenhang nicht weiter von Interesse. Bei den Universitäten ist die Spaltung in Old<br />
Universities <strong>und</strong> New Universities von großem Belang. Letztere sind die ehemaligen<br />
Polytechnics, die erst seit 1992 den Status einer Universität haben. Heute haben die New<br />
Universities formal den gleichen Status wie die traditionellen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>universitäten, de<br />
facto erhalten sie aber nur einen winzigen Bruchteil der öffentlichen <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>förderung.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich dominiert in der politischen Kultur des Landes ein "rationales Politikmodell":<br />
politische Vorgaben bzw. Schwerpunktsetzungen, werden in einem "paper" zur öffentlichen<br />
Diskussion gestellt <strong>und</strong> gelten dann für eine bestimmte Zeit als Gr<strong>und</strong>lage der Politik. Das<br />
gibt den einzelnen Politikbereichen eine größere Kohärenz <strong>und</strong> Transparenz, als man sie in<br />
einigen mitteleuropäischen Staaten beobachten kann. Das gilt auch für <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>- <strong>und</strong><br />
Hochschulpolitik. Kritisch wäre zu vermerken, dass es in den letzten 20 Jahren (seit dem<br />
f<strong>und</strong>amentalen Wandel im politischen Stil durch die Regierung Thatcher) einen<br />
"Hyperaktivismus" des politischen Systems gibt, der die institutionellen Strukturen des<br />
<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>- <strong>und</strong> Hochschulsystems sehr kurzfristigen Änderungen unterwirft. Selbst aus der<br />
Binnenperspektive, erst recht aber für den externen Beobachter ist es schwierig, diesen<br />
Entwicklungen zu folgen, das die Terminologien für Institutionen <strong>und</strong> Programme häufig<br />
wechseln.<br />
1.1.2 Rezente Entwicklungen im <strong><strong>Forschung</strong>s</strong>förderungssystem<br />
In Großbritannien hat der Prozess der neoliberalen Transformation des Wohlfahrtsstaates, der<br />
in abgeschwächter Form <strong>und</strong> mit teilweise erheblicher Verzögerung auch das übrige Europa<br />
erfasst hat, schon Ende der 70er Jahre eingesetzt. Die Regierung Thatcher hat einen<br />
f<strong>und</strong>amentalen Bruch mit den Entwicklungen vollzogen, die die britische Gesellschaft seit<br />
dem Ende des Zweiten Weltkriegs geprägt haben. Dieser Bruch wurde gewiss dadurch<br />
erleichtert, dass die Konservativen an wirtschaftsliberale Traditionen anknüpfen konnten, die<br />
in Großbritannien immer schon stärker ausgeprägt waren als am europäischen Kontinent. Wie<br />
tief dieser politische Einschnitt reicht, geht nicht zuletzt daraus hervor, dass es nach dem<br />
Erdrutschsieg von New Labor (1997) in den Eckpunkten der Regierungspolitik keine<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Kurskorrektur gegeben hat. Das trifft insbesondere auch auf die Hochschul<strong>und</strong><br />
<strong><strong>Forschung</strong>s</strong>politik zu, in der die Regierung Thatcher markante Signale gesetzt hatte.<br />
Von allen Industrieländern hat Großbritannien seit Anfang der 80er Jahre die tiefgreifendsten<br />
Veränderungen seines Hochschulsystems erlebt (vgl. Kogan 2000). Diese waren auf der<br />
Ebene der Rhetorik von denselben hochschulpolitischen Paradigmen getragen wie die<br />
Reformen im restlichen Europa, <strong>und</strong> dennoch haben sie einen ganz anderen Verlauf<br />
genommen. Auf den ersten Blick scheinen sie geradezu in die entgegengesetzte Richtung zu<br />
führen: nicht zu einer Deregulierung, sondern im Gegenteil zu verstärkten Eingriffen des<br />
Staates. Der Gr<strong>und</strong> liegt in den sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen zu Beginn der<br />
80er Jahre (vgl. Pechar 1997): Während die Universitäten im restlichen Europa zumeist<br />
staatliche Anstalten waren <strong>und</strong> in den USA eine starke Marktorientierung dominierte,<br />
zeichnete sich der britische Sonderfall durch ein einzigartiges Muster universitärer Autonomie<br />
aus, das eine Äquidistanz zu Staat <strong>und</strong> Markt ermöglicht.<br />
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