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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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Philosophie 455<br />

nur Material angehäuft. Zitate von Mehr<strong>in</strong>g bis Andy Warhol, von<br />

Marx/Engels bis „Handelsblatt" werden neben allzu knappe Anmerkungen<br />

zur „Weltanschauung <strong>der</strong> herrschenden Kunst" und zum<br />

„.freien' Künstler im Kapitalismus" gestellt; methodologische Positionen<br />

und historischer Bezugspunkt <strong>der</strong> Zitierten bleiben <strong>für</strong> den unkundigeren<br />

Leser im Dunkeln: die konkrete Untersuchung des gesamtgesellschaftlichen<br />

Funktionszusammenhangs von Kunst bleibt<br />

Desi<strong>der</strong>at.<br />

Auch <strong>der</strong> den dritten Abschnitt ausmachende Aufsatz von Silvia<br />

Kluge: „Kunst muß gesellschaftlich notwendige Inhalte verständlich<br />

und wirksam verbreiten" reproduziert e<strong>in</strong>en verbreiteten methodologischen<br />

Fehler: aus <strong>der</strong> dialektischen Analyse Len<strong>in</strong>s, daß es <strong>in</strong> je<strong>der</strong><br />

nationalen Kultur <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> herrschenden Kultur auch Elemente<br />

e<strong>in</strong>er demokratischen und sozialistischen Kultur gibt (155),<br />

wird e<strong>in</strong>e Dichotomie <strong>in</strong> schematischer Trennung: „Als Teil <strong>der</strong> Kultur<br />

spaltet auch die Kunst sich folgerichtig den zwei Klassen unserer<br />

Gesellschaftsordnung entsprechend <strong>in</strong> die Kunst <strong>der</strong> Herrschenden<br />

und die <strong>der</strong> Arbeiterklasse eigene, e<strong>in</strong>e sozialistische. Die Aufgaben<br />

dieser Kunst entsprechen <strong>der</strong> Kultur <strong>der</strong> Arbeiterklasse und ihrer<br />

objektiven gesellschaftlichen Stellung" (159). Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />

herrschende, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sozialistische Kunst; die nichts mehr<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> geme<strong>in</strong> haben: „Es gibt im Grunde ke<strong>in</strong>e Vergleichsbasis<br />

zwischen beiden künstlerischen Pr<strong>in</strong>zipien (<strong>der</strong> kapitalistischen und<br />

<strong>der</strong> sozialistischen Kunst, W. G.), denn die Verselbständigung <strong>der</strong><br />

Form wirkt tötend auf die Inhalte <strong>der</strong> Kirnst." (165) (Hier kommt<br />

noch h<strong>in</strong>zu, daß <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong> <strong>der</strong> Formverselbständigung <strong>in</strong>folge des<br />

Warencharakters <strong>der</strong> Kunst, h<strong>in</strong>ter dem sich die ideologischen Inhalte<br />

um so ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter, wenn auch verschleierter, durchsetzen können,<br />

<strong>für</strong> das Wesen dieser Kunst genommen wird.) Unberücksichtigt bleibt,<br />

daß die Trennungsl<strong>in</strong>ie zwischen progressiven und herrschaftsstabilisierenden<br />

Tendenzen auch durch das künstlerische Werk selber verlaufen<br />

kann, daß es gerade die Aufgabe historisch-materialistischer<br />

Kunstbetrachtung ist, nicht schematisch abzustempeln, son<strong>der</strong>n historisch<br />

konkret zu analysieren, welche Tendenz dom<strong>in</strong>ant ist, wo sich<br />

die Elemente demokratischer und sozialistischer Kultur durchsetzen.<br />

Aufgrund dieser Dichotomie kann auch im Aufsatz sozialistische<br />

Kunst positiv gesetzt werden, anstatt sich an <strong>der</strong> <strong>kritische</strong>n Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem kapitalistischen System und mit se<strong>in</strong>er Ideologie<br />

zu entfalten. Sozialistische Kunst <strong>in</strong> den sozialistischen Län<strong>der</strong>n<br />

und sozialistische Kunst <strong>in</strong> den kapitalistischen Staaten s<strong>in</strong>d nicht<br />

gleichzusetzen, wenn man nicht von den spezifischen historischen und<br />

gesellschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen abstrahiert, wie es bei Silvia Kluge<br />

geschieht. „E<strong>in</strong> Beitrag zur konkreten künstlerischen Arbeitsweise<br />

kann an diesen Text nicht mehr angeschlossen werden", schreibt sie<br />

<strong>in</strong> ihrer Vorbemerkung (154), — glücklicherweise, möchte man h<strong>in</strong>zufügen,<br />

denn auf dem H<strong>in</strong>tergrund dieses Aufsatzes wäre das Ergebnis<br />

e<strong>in</strong>em beliebig anwendbaren Kochrezept gleichzusetzen.<br />

Wolfgang Griep (Bremen)

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