02.03.2014 Aufrufe

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Literarische Produktion, Phantasie, ästhetische Erziehung 433<br />

kann, daß bei Individuen rechtzeitig die Fähigkeit geför<strong>der</strong>t wird zur<br />

Produktion des Sche<strong>in</strong>s, durch den sie betrogen werden sollen. Kreativitätsstrategen<br />

planen die kaum überbietbare Parodie auf die als Vorgeschichte<br />

von Kreativität herbeizitierte künstlerische Produktivität.<br />

So steht vermutlich e<strong>in</strong>e Reorganisation <strong>der</strong> .musischen Fächer' <strong>in</strong>s<br />

Haus, welche die These vom totalen Funktionsverlust von .ästhetischer<br />

Erziehung' auf <strong>in</strong>fame Weise wi<strong>der</strong>legen dürfte.<br />

7. Daß e<strong>in</strong>e geschlossene Kritik an <strong>der</strong> Kreativitätsbewegung (me<strong>in</strong>es<br />

Wissens) noch aussteht, wirkt e<strong>in</strong> wenig makaber. Während nämlich<br />

die Musikpädagogik des Faschismus <strong>der</strong> systematischen Kritik<br />

retrospektiv endlich greifbar geworden ist, hat weitgehend unbemerkt<br />

e<strong>in</strong>e neue .ästhetische Erziehung' den Anachronismus <strong>der</strong> alten längst<br />

überwunden, um weiter an <strong>der</strong> „Sche<strong>in</strong>lösung gesellschaftlicher<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche" (1026) mitarbeiten zu können. Nicht nur diese durch<br />

Kreativitätstheorien aufpolierten, am Ziel <strong>der</strong> „Erweiterung <strong>der</strong> Verwendbarkeit<br />

von Schulabsolventen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leistungsgesellschaft" 32<br />

orientierten Kunstunterrichtsprogramme müßten analysiert werden,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Konzeptionen <strong>der</strong>er, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Art Gegenkultur<br />

distanzieren. Dieser Gegenkultur, die sich z. B. <strong>in</strong> ästhetischen Zellen,<br />

<strong>in</strong> „Studios" organisieren will, wäre nachzuweisen, daß sie ihre Abhängigkeitserklärung<br />

im Gründungsprogramm naiv bereits ausplau<strong>der</strong>t,<br />

<strong>für</strong> sich selbst also <strong>in</strong> Aussicht stellt, was abzuwehren sie vorgibt:<br />

„E<strong>in</strong> Aspekt <strong>der</strong> Studioaktivitäten könnte also durchaus auch<br />

e<strong>in</strong>e Art Verbraucher-Beratung se<strong>in</strong>, die aus dem riesigen Warenangebot<br />

e<strong>in</strong>e <strong>kritische</strong> Auswahl zu treffen ermöglicht und gleichzeitig<br />

konkret vermittelt. Durch Ausnutzen <strong>der</strong> Konkurrenz zwischen den<br />

Herstellern ließe sich vermutlich bald erreichen, daß ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelunternehmen<br />

mit se<strong>in</strong>em Profit<strong>in</strong>teresse die Distributionspraxis des Studios<br />

monopolisiert. Später können umgekehrt von solchen Studios<br />

— sollten sie <strong>in</strong> vielen Städten entstehen — Anstöße zu Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Produktion und des Vertriebs bei <strong>der</strong> Industrie selbst ausgehen.<br />

Ästhetische Erziehung würde also tendenziell bis zur Mitbestimmung<br />

über die Herstellung von Gebrauchsgütern reichen, durch<br />

Verbraucher<strong>in</strong>teressen, die <strong>in</strong> den Studios organisiert und durch sie<br />

entwickelt und artikuliert würden." 83<br />

8. Um mit <strong>der</strong> Kritik solcher Programme mögliche Alternativen entwickeln<br />

zu können, muß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> objektiven Bed<strong>in</strong>gungen<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Theorie</strong> des gesellschaftlichen Subjekts mitformuliert se<strong>in</strong>. Gerade<br />

unter pädagogisches Interesse gestellte Arbeiten hätten zu belegen,<br />

„daß <strong>der</strong> Marxismus ex def<strong>in</strong>itione auch <strong>Theorie</strong> <strong>in</strong>dividueller<br />

Erfahrung ist" 34 . Insofern Bildung es mit dem Bewußtse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Men-<br />

32 H. v. Gizycki, Zwischen Schule, Hochschule und Volkshochschule:<br />

Das „Studio". Vorschläge <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Neuansatz <strong>der</strong> ästhetischen Bildung, <strong>in</strong>:<br />

Hessische Blätter <strong>für</strong> Volksbildung, Frankfurt/M. 2/1972, S. 189.<br />

33 Ders., a.a.O., S. 192.<br />

34 H. J. Sandkühler, Zur Begründung e<strong>in</strong>er materialistischen Hermeneutik,<br />

<strong>in</strong>: Das Argument 77, 14. Jhg. 1972, H. 11/12, S. 979. — Vgl. L. Sève,<br />

Marxismus und <strong>Theorie</strong> <strong>der</strong> Persönlichkeit, Frankfurt/M. 1973.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!