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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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Streikkämpfe iri <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> 1971 bis 1974 407<br />

schiedlich se<strong>in</strong> und dann auch unterschiedliche gewerkschaftspolitische<br />

Schlußfolgerungen verlangen kann. Ist aber die Grundl<strong>in</strong>ie <strong>der</strong><br />

Gewerkschaftspolitik klar, dann reduziert sich die Frage nach <strong>der</strong><br />

besten Kampfform auf das, was sie wirklich ist, nämlich auf e<strong>in</strong><br />

taktisches Problem. — An<strong>der</strong>s gesagt: Versteht e<strong>in</strong>e bestimmte Gewerkschaftsführung<br />

ihre Organisation als „gesellschaftlichen Ordnungsfaktor",<br />

so werden sich alle Erörterungen taktischer Gesichtspunkte<br />

im Grunde genommen um nichts an<strong>der</strong>es drehen als darum,<br />

wie man dem Kampf mit dem Großkapital überhaupt, d. h. je<strong>der</strong><br />

Form des Kampfes, aus dem Wege gehen kann. Ist jedoch die Funktion<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften als Interessenvertretung <strong>der</strong> Arbeiterklasse<br />

erkannt, so wird das Problem <strong>der</strong> ggf. zu wählenden Kampfform<br />

ke<strong>in</strong>er pr<strong>in</strong>zipiellen Erörterung bedürfen, son<strong>der</strong>n fast ausschließlich<br />

taktische Überlegungen erfor<strong>der</strong>n.<br />

Geht man von e<strong>in</strong>em solchen Klassenstandpunkt an das Problem<br />

<strong>der</strong> gewerkschaftlich organisierten und <strong>der</strong> betrieblich organisierten<br />

(„spontanen") Streiks heran, so ist wohl die erste Feststellung die,<br />

daß man von vornhere<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e bestimmte Kampfform leichtfertig<br />

ausschließen und verdammen sollte. Sicherlich hat e<strong>in</strong> gewerkschaftlich<br />

organisierter Streik den Vorteil <strong>der</strong> größeren Durchschlagskraft,<br />

da hier die ganze Macht <strong>der</strong> gewerkschaftlichen Organisation dah<strong>in</strong>tersteht.<br />

Aber diese Form des Kampfes scheidet ja aufgrund rechtlicher<br />

E<strong>in</strong>schränkungen praktisch während <strong>der</strong> Laufzeit von Tarifverträgen<br />

aus. Stellt sich z. B. im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Tarifvertrag als<br />

unzureichend heraus, o<strong>der</strong> kommt es etwa auf betrieblicher Ebene<br />

zum Abbau übertariflicher Lohnbestandteile, so s<strong>in</strong>d den Gewerkschaften<br />

weitgehend die Hände gebunden. Es kann daher we<strong>der</strong> im<br />

Interesse <strong>der</strong> Gewerkschaften noch dem <strong>der</strong> Arbeiterklasse liegen,<br />

aus „pr<strong>in</strong>zipiellen" Erwägungen heraus auf das Kampfmittel des<br />

betrieblich geführten Streiks zu verzichten. Denn dieser ist <strong>in</strong> solchen<br />

Situationen oft das e<strong>in</strong>zige Mittel, die Interessen <strong>der</strong> Arbeiter<br />

und Angestellten zur Geltung zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Pr<strong>in</strong>zipiell antigewerkschaftlich s<strong>in</strong>d betrieblich organisierte<br />

Streiks auf gar ke<strong>in</strong>en Fall. Sie können e<strong>in</strong>e antigewerkschaftliche<br />

Tendenz erfahrungsgemäß höchstens dann bekommen, wenn die<br />

zuständige Gewerkschaftsführung zu ihnen e<strong>in</strong>e ähnlich grundsätzlich<br />

negative Stellung bezieht, wie dies gewöhnlich Regierung, Unternehmer<br />

und Massenmedien tun.<br />

E<strong>in</strong> im Grunde taktisches Problem liegt auch <strong>der</strong> Frage zugrunde,<br />

ob regional o<strong>der</strong> zentral geführte Tarifrunden <strong>für</strong> die Arbeiterklasse<br />

und die Gewerkschaften günstiger s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> auf Bezirks-Ebene geführter<br />

Tarifkampf hat zweifelsohne deutliche Vorteile: e<strong>in</strong>mal f<strong>in</strong>anzieller<br />

Art (Streikkosten), aber vor allem auch deshalb, weil hierdurch<br />

die Möglichkeit gegeben ist, e<strong>in</strong>e Tarifrunde dort zu beg<strong>in</strong>nen<br />

und zu konzentrieren, wo jeweils die günstigsten Bed<strong>in</strong>gungen gegeben<br />

s<strong>in</strong>d — etwa <strong>in</strong> konjunktureller o<strong>der</strong> organisatorischer H<strong>in</strong>sicht.<br />

Falsch ist jedoch e<strong>in</strong>e Verabsolutierung dieser Kampf form,<br />

weil dies erfahrungsgemäß <strong>in</strong> letzter Konsequenz immer dazu führt,<br />

daß die verschiedenen regionalen Abteilungen <strong>der</strong> Arbeiterklasse

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