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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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448 Besprechungen<br />

Gorsen, Peter: Das Bild Pygmalions. Kunstsoziologische Essays.<br />

Rowohlt Taschenbuch Verlag, Re<strong>in</strong>bek bei Hamburg 1969<br />

(216 S., br., 14,80 DM).<br />

Pygmalion, die Kunstfigur, <strong>in</strong> die sich ihr Schöpfer verliebt und<br />

verliert, kennzeichnet <strong>für</strong> den Verfasser e<strong>in</strong> gegenwärtig übliches, gesellschaftlich<br />

verordnetes, die Aura <strong>der</strong> Kunstwerke im Genuß konsumierendes<br />

Verhalten <strong>der</strong> Kunstbetrachtung. In Verteidigung dieses<br />

nicht mehr nur ästhetischen Hedonismus, wie ihn gewisse avantgardistische<br />

Kunstrichtungen for<strong>der</strong>n, werden Gorsens Essays zu e<strong>in</strong>er<br />

Metakritik von Marcuses „Kritik des Hedonismus" (1938), <strong>der</strong>en<br />

wahre Momente sie <strong>in</strong> sich aufgehoben haben wollen. Mit Marcuse<br />

weiß Gorsen, daß Nachgiebigkeit gegenüber Reklamereizen noch ke<strong>in</strong><br />

wahres Glück se<strong>in</strong> kann, ist <strong>der</strong> Konsum auch noch so exzessiv. E<strong>in</strong><br />

Gleiches gilt <strong>für</strong> den Genuß von Kunstwerken, mögen diese auch<br />

Befriedigung im Sche<strong>in</strong> versprechen. Fetischistisch, obszön, pervers<br />

o<strong>der</strong> archaisch grausam wie sie s<strong>in</strong>d, h<strong>in</strong>terlassen sie jedoch, <strong>in</strong><br />

ihrer Tendenz, die „ästhetische Distanz" (19) zu überw<strong>in</strong>den, nur um<br />

so sicherer den Wunsch nach <strong>der</strong> realen Befriedigung <strong>der</strong> sichtbar gemachten<br />

Bëdûrfnisse. Deren Gewährung aber überschritte die gesellschaftlich<br />

sanktionierten Lustschranken, ohne doch dem ökonomischen<br />

Pr<strong>in</strong>zip direkt zu wi<strong>der</strong>sprechen. Hier<strong>in</strong> liegt nach Gorsen e<strong>in</strong>e<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> systematischen Störung, <strong>der</strong>en erster praktischer Erfolg<br />

<strong>in</strong> dem <strong>der</strong>art entstehenden Druck auf die Industrie liege, diese<br />

neuen Bedürfnisse auch immer neu <strong>in</strong>tegrieren und profitabel machen<br />

zu müssen. Da dies aber nur begrenzt möglich sei, die Frustrationsschwelle<br />

bei zunehmen<strong>der</strong> Sensibilisierung s<strong>in</strong>ke, sei die Hoffnung<br />

berechtigt, <strong>der</strong> ständig verschärfte Wi<strong>der</strong>spruch von versagtem<br />

Genuß <strong>in</strong> dessen Gewährung könne schließlich als gesellschaftlicher<br />

e<strong>in</strong>gesehen, die soziale Repression durch revolutionäre Regression geschlagen<br />

werden. Da dieses Konzept relatives Glück schon im sozialen<br />

Diesseits verwirklichen könne, habe es zudem größere Anziehungskraft<br />

auf die Massen als revolutionäre Askese. Kritik zu <strong>der</strong>en<br />

Gunsten am Hedonismus verfalle deshalb nur dem herrschenden gesellschaftlichen<br />

Pr<strong>in</strong>zip: <strong>der</strong> Rigorismus — nur Verzweiflung könne<br />

das wahre Glück retten— und die spießige Hoffnung — e<strong>in</strong>mal werde<br />

man schon noch davonkommen — laufen beide auf Versagung h<strong>in</strong>aus<br />

und müssen sich <strong>in</strong> anarchistischen Spektakeln e<strong>in</strong> Ventil suchen.<br />

Das Erkenntnis<strong>in</strong>teresse e<strong>in</strong>er so verstandenen hedonistischen Aufklärung<br />

bestimmt Gorsens Analysen gegenwärtiger Kunst und gegenwärtiger<br />

Kunstrezeption, an denen er se<strong>in</strong>e <strong>Theorie</strong> gewonnen hat.<br />

Konformismus soll sich zu Wi<strong>der</strong>stand entäußern, trifft er nur auf<br />

die richtigen Objekte: die sich den Waren angleichenden Kunstwerke<br />

<strong>der</strong> Gegenwart. Wichtig wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die pathologische<br />

Kunst. Diese hat ihren geme<strong>in</strong>samen Kern mit den Werken<br />

„normaler" Künstler <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Subjektlosigkeit": <strong>der</strong> Künstler wird<br />

zum Betrachter von ihm ausgehen<strong>der</strong>, sich ihm gegenüber aber verselbständigen<strong>der</strong><br />

Prozesse; er arrangiert — <strong>in</strong> Collage, Assemblage,<br />

Happen<strong>in</strong>g — ebensosehr das Material, als es ihn als gesellschaftlichen

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