Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Sprach- und Literaturwissenschaft 459<br />
Akt — wir vollziehen e<strong>in</strong>e Handlung, <strong>in</strong>dem wir sprechen. Was wir<br />
mit Worten machen, trägt sich nicht nur auf <strong>der</strong> Ebene von Äußerungen<br />
zu, <strong>der</strong>en e<strong>in</strong>zelsprachlich <strong>in</strong>teressierte Rekonstruktion <strong>der</strong><br />
bisherigen L<strong>in</strong>guistik oblag, son<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> <strong>in</strong>strumentalen<br />
und <strong>in</strong>tentionalen Eigenschaften <strong>der</strong> Sprache, <strong>der</strong>en allgeme<strong>in</strong>e<br />
Regelhaftigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> philosophischen Analyse aufgedeckt<br />
werden soll.<br />
Searle versucht solche Regeln, die wir uns mit <strong>der</strong> Sozialisation <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e Sprache angeeignet haben, anhand notwendiger und h<strong>in</strong>reichen<strong>der</strong><br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>für</strong> illokutionäre Akte, Referenz und Prädikation<br />
zu formulieren. Dabei kommt se<strong>in</strong>er regulativen Fassung <strong>der</strong> illokutionären<br />
Akte beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu, denn mit ihr entscheidet<br />
sich die Gültigkeit des Anspruchs, Sprache als Handlung, d. h. als<br />
gesellschaftliche Aktivität <strong>in</strong> den Griff zu bekommen. Searle nennt<br />
neben e<strong>in</strong>er semantischen Bed<strong>in</strong>gung (,Regel des propositionellen<br />
Gehalts') drei Regeln, die das logische Gerüst gel<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Sprechakte<br />
nachzeichnen: e<strong>in</strong>e ,E<strong>in</strong>leitungsregel', die notwendige Voraussetzungen<br />
im Handlungsablauf fixiert, e<strong>in</strong>e ,Aufrichtigkeitsregel',<br />
welche die Deckimg <strong>der</strong> Intention des Sprechers mit den kommunikativen<br />
Manifestationen des Akts verbürgt, und e<strong>in</strong>e ,wesentliche Regel',<br />
die den Handlungss<strong>in</strong>n des Aktes anzeigt. In <strong>der</strong> ersten Regel<br />
s<strong>in</strong>d Bed<strong>in</strong>gungen zusammengefaßt, die den e<strong>in</strong>zelnen Sprechakt <strong>in</strong><br />
das Universum sozialer Akte e<strong>in</strong>betten — Searle hat die Analyse<br />
dazu bei e<strong>in</strong>er Reihe exemplarischer Akte (Versprechen, Bitten,<br />
Fragen etc.) belassén und se<strong>in</strong>e ad hoc gewählten Bed<strong>in</strong>gungen nicht<br />
weiter charakterisiert. E<strong>in</strong>gehen würden <strong>in</strong> die E<strong>in</strong>leitungsregel soziale<br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>stitutioneller Kompetenz (Macht, um zu befehlen;<br />
Amt, um zu for<strong>der</strong>n; Rolle, um zu vollziehen usw.) neben faktischen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Handlungslogik o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>fachen empirischen<br />
Daten, die im Sprechakt durch Vernünftigkeit und sprachliche Kompetenz<br />
des Sprechers kontrolliert werden. Mit <strong>der</strong> Aufrichtigkeitsregel<br />
benennt Searle etwas irreführend e<strong>in</strong>en handlungstheoretisch<br />
bekannten Umstand: daß die exponierte Intention <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>tersubjektiven<br />
Bedeutung bewußt se<strong>in</strong> muß, wenn s<strong>in</strong>nvolle Interaktion<br />
möglich se<strong>in</strong> soll. Und <strong>in</strong> <strong>der</strong> wesentlichen Regel schließlich ist spezifiziert,<br />
welches die konventionelle Bedeutung e<strong>in</strong>es Sprechakts, e<strong>in</strong>schließlich<br />
se<strong>in</strong>er Folgen und Nebenfolgen se<strong>in</strong> soll. Mit diesen drei<br />
Regeln liegt e<strong>in</strong> Strukturierungsvorschlag <strong>für</strong> Sprechakte vor, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />
Details unausgearbeitet, an Generalisierung schwach und an Trennschärfe<br />
noch nicht überzeugend se<strong>in</strong> mag — wor<strong>in</strong> sich allerd<strong>in</strong>gs<br />
nur Unschärfe und Komplexität natürlicher Sprachen spiegeln —,<br />
deutlich aber hat sich Searle nicht auf die übliche sprachlogische Argumentationsweise<br />
beschränkt, son<strong>der</strong>n Grundqualifikationen sozialen<br />
Handelns selbst mit e<strong>in</strong>bezogen. E<strong>in</strong>e solchermaßen konsequent<br />
ausgearbeitete Sprechakttheorie könnte zwischen analytischer Rollentheorie<br />
und symbolischer Interaktionstheorie e<strong>in</strong>e Mittlerposition<br />
e<strong>in</strong>nehmen: denn e<strong>in</strong>erseits werden <strong>in</strong> ihr (analog den Rollentheorien)<br />
die s<strong>in</strong>gulären Akte gesellschaftlichen Handelns erklärend aus Verhaltenskonventionen<br />
und deskriptiv erfaßten Normen abgeleitet,