Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
520 Besprechungen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft zur formalen Gleichheit vor dem<br />
Gesetz. Die materielle Grundlage, die dies erfor<strong>der</strong>te, und die Menschen,<br />
die dies durchsetzten, bleiben unerkannt. So kann sich das Leben<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Gesellschaftsordnung <strong>für</strong> Engisch letzten<br />
Endes nur <strong>in</strong> den Dimensionen <strong>der</strong> Nötigung und Begnadung abspielen<br />
(vgl. 145). Die kapitalistische Gerechtigkeit und mit ihr die kapitalistische<br />
Gesellschaftsordnung werden nicht <strong>in</strong> Frage gestellt. Wird<br />
Engisch e<strong>in</strong>mal konkret, so ist es <strong>für</strong> ihn „nicht absolut ungerecht,<br />
daß Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen (...), es muß nur<br />
verhütet werden, daß <strong>in</strong> Zeiten des starken Mangels (...) Ausbeutung<br />
stattf<strong>in</strong>det" (165 f.). Und <strong>in</strong> bezug auf Lohngerechtigkeit wendet<br />
er sich gegen „allzu große Differenzen im E<strong>in</strong>kommen", die er<br />
mit Maßnahmen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t wissen möchte, „die da<strong>für</strong> sorgen, daß die<br />
Bäume nicht <strong>in</strong> den Himmel wachsen, zum m<strong>in</strong>desten geeignet s<strong>in</strong>d,<br />
Neidkomplexe abzubauen" (169 f.). Das darf freilich nicht zu weit gehen,<br />
denn „es schw<strong>in</strong>det <strong>der</strong> Anreiz zu e<strong>in</strong>er höhere Gew<strong>in</strong>ne erzielenden<br />
Leistung, an <strong>der</strong> die Allgeme<strong>in</strong>heit <strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong> kann"<br />
(172 f.).<br />
Zwar erkennt Engisch, daß sich bei <strong>der</strong>artigen Entscheidungen das<br />
Maß <strong>der</strong> proportionalen Gerechtigkeit nach jeweils bestimmten Wertungen<br />
richtet; Wertungen freilich, die von ihm nicht als ideologisches<br />
Phänomen, als Ausdruck <strong>der</strong> Interessen und Bedürfnisse e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Gesellschaftsklasse gefaßt werden, son<strong>der</strong>n als subjektive<br />
Willkür. Folglich s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> ihn die Werte, an denen sich das Recht ausrichtet,<br />
nicht wissenschaftlich zu erhärten; sie s<strong>in</strong>d nur „relativ" gültig.<br />
Letztlich wird dadurch je<strong>der</strong> beliebige Inhalt des Rechts legitimiert.<br />
Da nützt es nur wenig, wenn Engisch als Korrektiv dieses Relativismus<br />
„jene Menschenrechte, die wir als eigentlich .existentiell'<br />
ansehen", d. h. das Recht auf Leben, Freiheit und menschenwürdige<br />
Behandlung anführt (280). Sie werden als ungeschichtliche Ideale an<br />
die bestehende Gesellschaft herangebracht, die Chance ihrer Verwirklichung<br />
angesichts bestehen<strong>der</strong> Herrschafts- und Unterdrükkungsverhältnisse<br />
wird von <strong>der</strong> Rechtsphilosophie Engischs nicht<br />
untersucht.<br />
Man muß zweifeln, ob es Engisch überhaupt ernst me<strong>in</strong>t, denn als<br />
Beispiel <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Bedrohung <strong>der</strong> Würde <strong>der</strong> Menschheit hat er nichts<br />
an<strong>der</strong>es parat, als daß sie „ihre E<strong>in</strong>drucks- und Überzeugungskraft<br />
(verliert), wenn ,bourgeoise' Vorstellungen durch obszöne Darbietungen<br />
demonstrativ angefochten werden sollen" (275).<br />
Bleibt festzustellen, daß Engischs Suche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Holzweg endet.<br />
Hans-Ernst Hanten (Berl<strong>in</strong>/West)<br />
Verdross, Alfred: Statisches und dynamisches Naturrecht.<br />
rombach hochschul paperback, Bd. 20. Rombach Verlag,<br />
Freiburg 1971 (128 S., geb., 14,— DM).<br />
Naturrechtslehren haben e<strong>in</strong>ige Male dazu beigetragen, die Welt<br />
zu verän<strong>der</strong>n. Sie wurden aber auch stets dann bemüht, wenn bestehende<br />
Zustände <strong>der</strong> Legitimation bedurften.