Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

414 Björn Pätzoldt
gen getroffen sind" (zu § 1, Abs. 5). Angehörige der EWG-Länder genießen
gegenüber ihren Kollegen aus Ländern, die nicht den Europäischen
Gemeinschaften angehören, Privilegien im Bereich der Aufenthaltserlaubnis,
der Ausweispflicht, im Bereich der Ausweisung
und ihrer einschränkenden Bestimmungen (bezügl. Anwerbevereinbarungen,
Europäisches Fürsorgeabkommen und Niederlassungsabkommen),
im Bereich des Gewerberechts (Freiheit der Berufsausübung)
etc. 20 . Zwischenstaatliche Vereinbarungen über den grenzüberschreitenden
Personenverkehr, Niederlassungs- und Freundschaftsverträge
sowie bilaterale Vereinbarungen über die Anwerbung
und/oder Vermittlung nach der BRD bzw. über die Beschäftigung
ausländischer Arbeiter in der BRD regeln z. T. Erleichterungen
für die betreffenden Staatsangehörigen gegenüber Bestimmungen im
Ausländergesetz.
Die Privilegierung einer bestimmten „Kategorie" von Ausländern
impliziert die Diskriminierung einer anderen „Ausländerkategorie".
Diesen Diskriminierungen sehen sich besonders solche Ausländer
ausgesetzt, deren Rechtsstatus im Geltungsbereich des Grundgesetzes
weder durch multilaterale noch durch bilaterale Verträge gegenüber
den Bestimmungen des Ausländergesetzes angehoben ist.
Mit dem Ausländergesetz und den nachgeordneten Verordnungen
und Vorschriften werden wesentliche restriktive Bestimmungen der
nationalsozialistischen Ausländerpolizeiverordnung jedoch nicht eliminiert,
sondern in teilweiser Anlehnung an die Kriegsverordnung
von 1939 neue ausländerrechtliche Einschränkungen geschaffen.
Die zur Durchführung des Ausländergesetzes zuständige Verwaltung
habe „bei der Ermessensprüfung alle einschlägigen Gesichtspunkte,
seien sie politischer, wirtschaftlicher, arbeitspolitischer oder
sonstiger Natur, zu berücksichtigen 21 " :
— „Das wachsende Unbehagen weiter Bevölkerungskreise, die sich
im Hinblick auf die andersartige Mentalität der aus außereuropäischen
Ländern stammenden Arbeitskräfte bedroht fühlen, ist
jedenfalls in Betracht zu ziehen 22 ."
— Der Ausländer muß „insbesondere eine sittlich einwandfreie Haltung"
und „ein allgemein menschliches Verhalten" zeigen 23 ; er
wird „als Gast angesehen, und es wird von ihm erwartet, daß er
mit Offenheit den Behörden entgegentritt und sich gegenüber den
Besonderheiten des ,way of life' in Deutschland unauffällig benimmt
24 ."
20 Vgl.: EWG-Vertrag v. 25. 3. 1957 (BGBl. II, S. 753); Gesetz zur
Durchführung von Richtlinien der EWG über die Niederlassungsfreiheit
und den freien Dienstleistungsverkehr vom 13. 8. 1965 (BGBl. I, S. 849);
vgl. auch die Verordnungen und die Richtlinien des Rats der EWG, sowie
die DVAuslG.
21 BT-Drucksache IV/868, S. 12.
22 Werner Kanein, Das Ausländergesetz und die wesentlichen fremdenrechtlichen
Vorschriften, München und Berlin 1966, S. 26.
23 G. Weissmann, Kommentar zum Ausländergesetz, Berlin 1966, S. 43.
24 Ebenda, S. 48.