Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Streikkämpfe iri <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> 1971 bis 1974 399<br />
Schulenburg, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jungen Union und leiten<strong>der</strong> Angestellter<br />
bei Siemens, hervor. — Allerd<strong>in</strong>gs muß betont werden, daß<br />
diese Zwischenfälle, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e nennenswerte Fälle von Streikbruch,<br />
lediglich bei e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Betriebe vorkamen. In 60<br />
von 67 bestreikten Betrieben gab es ke<strong>in</strong>e Streikbrecher. Dort, wo<br />
dies aufgrund e<strong>in</strong>es niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrades<br />
und <strong>der</strong> Existenz größerer Gruppen von AT-Angestellten<br />
erfor<strong>der</strong>lich war, wurden von <strong>der</strong> Streikleitung die betrieblichen<br />
Streikposten duch Verstärkungen <strong>der</strong> Werftarbeiter wirksam unterstützt.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Geschlossenheit sowie <strong>der</strong> eisernen Diszipl<strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Metallarbeiter scheiterte schließlich sowohl <strong>der</strong> Versuch, durch<br />
Streikbruch die e<strong>in</strong>heitliche Kampffront zu durchlöchern, als auch<br />
<strong>der</strong> Plan, durch Provokationen schwere Ausschreitungen hervorzurufen,<br />
um so die Bewegung zu isolieren und zu diskreditieren. —<br />
E<strong>in</strong>e Woche nach Streikbeg<strong>in</strong>n hatte bereits die sog. „beson<strong>der</strong>e<br />
Schlichtung" begonnen, <strong>der</strong>en Spruch am 24. 3. vorlag: Lohn- und<br />
Gehaltserhöhungen von 11 °/o <strong>für</strong> Januar bis März 1973, von 12 %<br />
<strong>für</strong> April bis Juni und von 13 % <strong>für</strong> Juli bis Dezember, was rechnerisch<br />
e<strong>in</strong>er Lohnerhöhung von 12,25 °/o <strong>für</strong> das Jahr 1974 <strong>in</strong>sgesamt<br />
entsprach. Als Kompensation <strong>für</strong> das deutliche Zurückgehen h<strong>in</strong>ter<br />
die 14 »/o des ersten Schiedsspruches gestanden die Unternehmer e<strong>in</strong>e<br />
Erhöhung des Urlaubsgeldes von 30 °/o auf 50 % e<strong>in</strong>es durchschnittlichen<br />
Monatsverdienstes zu, was <strong>in</strong> den ursprünglichen For<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> IG Metall gar nicht enthalten gewesen war. Drei weitere Punkte<br />
des Spruches <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Schlichtung entsprachen dem ersten<br />
Schiedsspruch: 70 DM mehr Ausbildungsvergütung, zwei Tage mehr<br />
Urlaub, Verdienstabsicherung und Kündigungsschutz <strong>für</strong> Beschäftigte<br />
vom 55. Lebensjahr an bei fünfjähriger Betriebszugehörigkeit.<br />
Für die Wertung dieses Ergebnisses müssen mehrere Gesichtspunkte<br />
berücksichtigt werden: re<strong>in</strong> rechnerisch machen die 20 °/o<br />
mehr Urlaubsgeld 2,6 °/o Lohnerhöhung aus, so daß sich — ebenfalls<br />
re<strong>in</strong> rechnerisch — e<strong>in</strong>e Lohnerhöhung von 14,85 °/o, d. h. fast 1 %<br />
mehr als <strong>der</strong> erste Schiedsspruch, ergibt. An dieser — von <strong>der</strong> IG<br />
Metall aufgemachten — Rechnung läßt sich freilich zweierlei kritisieren:<br />
erstens bedeutet die Anhebung des Urlaubsgeldes <strong>in</strong> vielen<br />
Fällen ke<strong>in</strong>e reale E<strong>in</strong>kommenserhöhung, son<strong>der</strong>n nur die tarifliche<br />
Absicherung bereits vorhandener E<strong>in</strong>kommensbestandteile; zweitens<br />
wurde hier erneut e<strong>in</strong> Präzedenzfall da<strong>für</strong> geschaffen, Lohnfor<strong>der</strong>ungen<br />
gegen manteltarifvertragliche Zugeständnisse zu „tauschen".<br />
Die Optik <strong>der</strong> sogenannten 14,85 %> ist also mehr als fragwürdig.<br />
Sie kann vor allem den gefährlichen Präzedenzfall e<strong>in</strong>es<br />
Ergebnisses unterhalb e<strong>in</strong>es Schiedsspruches nicht aus <strong>der</strong> Welt<br />
schaffen! Jedoch muß die Kritik an diesem Abschluß berücksichtigen,<br />
daß er von den Bremer Metallarbeitern alle<strong>in</strong> erkämpft wurde, während<br />
die an<strong>der</strong>en Tarifbezirke schon vorher niedriger abgeschlossen<br />
hatten o<strong>der</strong> — wo dies nicht, wie <strong>in</strong> drei an<strong>der</strong>en norddeutschen Tarifbezirken,<br />
<strong>der</strong> Fall war — während des Streiks im Unterwesergebiet<br />
im wesentlichen „stillhielten", um anschließend zu den gleichen<br />
Konditionen nachzuziehen. — Die starke Unzufriedenheit <strong>der</strong>