02.03.2014 Aufrufe

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

440 Bernd. Jürgen Warneken<br />

es darstellt 9 , ersche<strong>in</strong>en Kunstwerke <strong>in</strong> Lenzens Beitrag eher als e<strong>in</strong>e<br />

Art Tagträume denn als Sprach- und Formprodukte; das Schreiben<br />

ist eher als subjektives Sichkundgeben denn als Arbeit verstanden.<br />

Sonst könnten doch auch wohl die For<strong>der</strong>ungen, die das literarische<br />

Gel<strong>in</strong>gen des subjektiven Zwecks selbst ans Subjekt stellt, nicht wie<br />

heteronome verabscheut werden. Es fehlt Lenzens Beitrag hier e<strong>in</strong>fach<br />

das Instrumentarium, die literarische Verwirklichung des Subjekts<br />

an<strong>der</strong>s denn als negative Entäußerung, das Beschreiben dieser<br />

Vergegenständlichung an<strong>der</strong>s denn als Auslöschen des Subjekts zu<br />

verstehen. Nur so ist zu erklären, warum Lenzen trotz <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weise<br />

des „Abrisses" auf die Bedeutung auch <strong>der</strong> „unbewußten und vorbewußten<br />

Lebenserfahrungen", auf die Sozialisation und „privateste<br />

Eigenart" (223 f.), behauptet, dieser mache die Autoren „k<strong>in</strong>dheitslos"<br />

(!) und br<strong>in</strong>ge sie um die Lebensgeschichte (!). Zum e<strong>in</strong>en hört<br />

Lenzen da, wo <strong>der</strong> „Abriß" von „<strong>in</strong>s Bewußtse<strong>in</strong> Treten" unbewußter<br />

Regungen redet (wie an<strong>der</strong>s sollen sie Sprache werden?), zu Unrecht<br />

die For<strong>der</strong>ung nach vorgängiger Bewußtheit über <strong>der</strong>en Bedeutung,<br />

und sieht zudem das Sichbewußtwerden über e<strong>in</strong>e Regung als <strong>der</strong>en<br />

Verdorren an. Sicherlich: dem Künstler zuströmende Bil<strong>der</strong> und<br />

E<strong>in</strong>fälle sollen nicht zurückgehalten werden, weil ihre künstlerische<br />

und. geistige Zweckmäßigkeit nicht sofort abgesehen werden k^nn<br />

(cf. 226); aber als ebenso gewiß sollte gelten, daß <strong>der</strong> Weg vom Unbewußten<br />

zur Reflexion nicht e<strong>in</strong>s<strong>in</strong>nig ist, son<strong>der</strong>n die Reflexion die<br />

unbewußte Regung zu bereichern, zu bilden und v. a. nutzbar zu machen<br />

versteht. Zum an<strong>der</strong>n sche<strong>in</strong>t Lenzen sich nicht h<strong>in</strong>reichend zu<br />

vergegenwärtigen, daß „im künstlerischen Produktionsvorgang ...<br />

unbewußte Regungen Impuls und Material unter vielem an<strong>der</strong>en"<br />

s<strong>in</strong>d 10 : Material unter an<strong>der</strong>em, weil nicht nur Gehalte des Nichtbewußten<br />

ausgedrückt se<strong>in</strong> wollen; bloßes Material, weil subjektiver<br />

Ausdruck zu literarischem nicht durch Selbstbewahrung, son<strong>der</strong>n<br />

durch Mittelbeherrschung wird: e<strong>in</strong>e Analyse <strong>der</strong> Literaturproduktion<br />

muß also gerade auch das aufklären, vor dem <strong>der</strong> Psychoanalytiker<br />

als dem „rätselhaften Vermögen" des Künstlers steht, „e<strong>in</strong> bestimmtes"<br />

— nämlich künstlerisches — „Material zu formen, bis es<br />

zum getreuen Ebenbilde se<strong>in</strong>er Phantasievorstellung geworden<br />

ist..." 11 . Jene Werksubjektivität ist dann allerd<strong>in</strong>gs — was die eben<br />

zitierte Freudsche Bemerkung wie<strong>der</strong>um übersieht — nicht mehr mit<br />

<strong>der</strong> des Autors identisch: zwischen beiden steht die Transposition von<br />

<strong>in</strong>dividuellen Intentionen <strong>in</strong> über<strong>in</strong>dividuelle Bedeutungsträger wie<br />

Sprach- und Formstrukturen. Und <strong>in</strong>sofern Literatur als solche objektivierte<br />

Reflexion auch als Reflexionsgegenstand und nicht nur<br />

psychischer Entspannung und <strong>der</strong>gleichen dienen soll, stellt sich im<br />

Problem <strong>der</strong> Zweck-Werk-Beziehung, die wir bisher ansprachen, zugleich<br />

die nach <strong>der</strong> Beziehung Werk-Welt. E<strong>in</strong> nur auf subjektives<br />

Wünschen und <strong>in</strong>dividuelle Lebenserfahrung abhebendes literatur-<br />

9 cf. Th. W. Adorno, Ästhetische <strong>Theorie</strong>, Ffm. 1970, S. 14.<br />

10 A.a.O., S. 21.<br />

11 Sigmund Freud, Gesammelte Werke, Bd. XI, S. 391.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!