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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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394 Kurt Ste<strong>in</strong>haus<br />

angesichts <strong>der</strong> Tatsache, daß alle<strong>in</strong> die Geldentwertungsrate höher<br />

lag, kaum als Zeichen von Verhandlungsbereitschaft gewertet werden<br />

konnte. Unmittelbar nach dem Scheitern dieser Verhandlungen<br />

begannen <strong>in</strong> den Organisationsbereichen <strong>der</strong> DPG und <strong>der</strong> ÖTV<br />

Protestaktionen <strong>der</strong> Arbeiter und Angestellten, die bis <strong>in</strong> die erste<br />

Februar-Woche andauerten. In Städten wie Frankfurt, Gießen,<br />

Stuttgart, Dortmund, Karlsruhe, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Mannheim<br />

usw. protestierten Beschäftigte <strong>der</strong> Post, <strong>der</strong> Verkehrsbetriebe<br />

und an<strong>der</strong>er Bereiche des öffentlichen Dienstes mit Warnstreiks,<br />

Kundgebungen und Demonstrationen gegen das geplante staatliche<br />

Lohndiktat. Aber die Brandt/Scheel-Regierung beharrte trotz dieser<br />

e<strong>in</strong>deutigen Bekundungen <strong>der</strong> Kampfbereitschaft <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

des öffentlichen Dienstes auf ihrer Konzeption des Reallohnabbaus.<br />

Ihr zweites Angebot von 9 °/o Lohnerhöhung plus zusätzlich 12 (!)<br />

DM <strong>für</strong> untere Lohngruppen am 22. 1. war hier<strong>für</strong> e<strong>in</strong> deutlicher<br />

Beweis. Auch das Ultimatum <strong>der</strong> ÖTV, bis zum 28. 1. e<strong>in</strong> diskutables<br />

Angebot zu unterbreiten, wurde nicht beachtet. Im Gegenteil versuchte<br />

sogar zusätzlich Bundeskanzler Brandt persönlich noch durch<br />

die Behauptung, daß zweistellige Lohn- und Gehaltserhöhungen<br />

nicht tragbar seien und e<strong>in</strong>e weitere Beschleunigung <strong>der</strong> Inflation<br />

bewirken würden, das staatliche Lohndiktat durch das Gewicht se<strong>in</strong>er<br />

Person zu stärken und den Gewerkschaften die Schuld <strong>für</strong> die<br />

steigende Geldentwertung <strong>in</strong> die Schuhe zu schieben. Das letzte Angebot<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Hand (9,5 %>, m<strong>in</strong>destens 130 DM) am 28. 1.<br />

lag dann auch noch auf <strong>der</strong> gleichen L<strong>in</strong>ie. — Die Gewerkschaften<br />

reagierten <strong>in</strong> dieser Situation richtig und beschlossen <strong>für</strong> den 7./8. 2.<br />

die Urabstimmung. Jetzt verstärkten Regierung und Massenmedien<br />

die Stimmungsmache gegen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes<br />

und ihre Gewerkschaften. Vorzeitig wurden „wissenschaftliche"<br />

Berechnungen aus dem Jahreswirtschaftsbericht publik gemacht, <strong>in</strong><br />

denen das Ausmaß von Inflation und Arbeitslosigkeit vom Ausmaß<br />

<strong>der</strong> Lohn- und Gehaltserhöhungen abhängig gemacht wurde.<br />

Die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes setzten<br />

jedoch gegen diese Zweckpropaganda weitere Protestaktionen und<br />

Warnstreiks. Unter dem E<strong>in</strong>druck dieser Entwicklung mehrten sich<br />

von seiten <strong>der</strong> Kommunen die Stimmen <strong>für</strong> e<strong>in</strong> realistisches Angebot,<br />

notfalls auch gegen den Willen <strong>der</strong> Bundesregierung. Und unmittelbar<br />

vor <strong>der</strong> Urabstimmung gelang <strong>der</strong> erste — zwar nur<br />

lokale, gleichwohl wichtige — „Durchbruch": die Stadtwerke von<br />

Bremerhaven, die nicht dem „Verband kommunaler Arbeitgeberverbände"<br />

angehörten, gestanden Lohnerhöhungen von 12 % (m<strong>in</strong>destens<br />

185 DM) sowie e<strong>in</strong> Urlaubsgeld von 500 DM zu. Dieser Abschluß<br />

bestimmte zweifellos den Erwartungshorizont <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

des öffentlichen Dienstes auch <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Regionen und<br />

Bereichen, die sich bei <strong>der</strong> Urabstimmung am 7./8. 2. mit überwältigen<strong>der</strong><br />

Mehrheit <strong>für</strong> den Streik aussprachen. Der Anteil <strong>der</strong> Ja-<br />

Stimmen betrug bei <strong>der</strong> ÖTV 91,2 %, bei <strong>der</strong> DPG 85,2 %, bei <strong>der</strong><br />

GdED 89,8 °/o und bei <strong>der</strong> DAG 83,4 %. Gestützt auf dieses e<strong>in</strong>deutige<br />

Votum begann dann am 11. 2. <strong>der</strong> erste große Streik im öffent-

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