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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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366 Kurt Ste<strong>in</strong>haus<br />

Belegschafts<strong>in</strong>teressen negativ bemerkbar. Allerd<strong>in</strong>gs zeigen etwa die<br />

Aktionen bei Hoechst, daß auch hier bereits E<strong>in</strong>brüche erzielt worden<br />

s<strong>in</strong>d. Insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> jüngeren Generation <strong>der</strong> Chemiebeschäftigten<br />

ist die Wirkung <strong>der</strong> <strong>in</strong>tegrationistischen Politik <strong>der</strong> Konzernleitungen<br />

deutlich abgeschwächt. Das ist nicht zuletzt aus <strong>der</strong> aktiven<br />

Rolle gerade vieler junger Chemiearbeiter <strong>in</strong> den Streikkämpfen<br />

ersichtlich. Durch Lockungen und Drohungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Betriebe,<br />

durch massive Stimmungsmache <strong>in</strong> den Massenmedien, mit<br />

Arbeitsgerichtsurteilen, durch Polizeie<strong>in</strong>sätze hatte die herrschende<br />

Klasse versucht, e<strong>in</strong>en Zusammenbruch des Streiks zu erzw<strong>in</strong>gen.<br />

Dies ist nicht gelungen.<br />

Dennoch war <strong>der</strong> erreichte Abschluß unbefriedigend. Und auch <strong>der</strong><br />

Verlauf <strong>der</strong> Streikkämpfe selbst hat zu Recht die Kritik vieler Gewerkschafter<br />

herausgefor<strong>der</strong>t. Das Ausscheren des Bezirks Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />

aus <strong>der</strong> Front <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heitlichen For<strong>der</strong>ungen hätte leicht<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden können, wenn die IG Chemie ebenso entschlossen<br />

und geschlossen aufgetreten wäre wie <strong>der</strong> Unternehmerverband.<br />

Auch was die Vorbereitung des Tarifkampfes ang<strong>in</strong>g, waren die Unternehmer<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaft voraus gewesen. Als <strong>der</strong> Streik ohne<br />

viel Vorwarnung und Vorbereitung begann, waren sich viele Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />

und -funktionäre offensichtlich ke<strong>in</strong>eswegs<br />

voll im klaren darüber, was zu tun war. Unzureichende Information<br />

und unzureichende organisatorische Vorbereitung machten sich im<br />

Verlauf des Kampfes selbst vielfach negativ bemerkbar. Gerade<br />

wegen <strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heit e<strong>in</strong>es Streiks im aktiven tariflosen Zustand,<br />

d. h. gerade weil es ke<strong>in</strong>e Urabstimmung und damit ke<strong>in</strong>e zusätzliche<br />

Frist zur Mobilisierung <strong>der</strong> Belegschaften sowie zur organisatorischen<br />

Vorbereitung e<strong>in</strong>er streikgewohnten Gewerkschaft gab,<br />

hätte all dies vorher geleistet werden müssen. Die entsprechenden<br />

Versäumnisse haben <strong>in</strong> mehreren Betrieben zu Unentschlossenheit<br />

und une<strong>in</strong>heitlichem Auftreten geführt. — Der Hauptmangel war<br />

zweifellos, daß die größten Konzerne nicht o<strong>der</strong> kaum <strong>in</strong> den Streik<br />

e<strong>in</strong>bezogen waren. BASF schied von Anfang an wegen des vorzeitigen<br />

Abschlusses von Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz aus, bei Bayer gab es lediglich<br />

m<strong>in</strong>imale Aktionen, und auch bei Hoechst reichte es nicht <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Vollstreik. Vollstreiks bei <strong>der</strong> IG-Farben-Gruppe wären jedoch das<br />

beste Mittel gewesen, e<strong>in</strong>en guten Abschluß durchzusetzen.<br />

Die Schwächen <strong>der</strong> Chemie-Streiks spiegeln vor allem die ungenügende<br />

Verankerung <strong>der</strong> organisierten Arbeiterbewegung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

chemischen Industrie wi<strong>der</strong>. Daß es dennoch hier zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>monatigen<br />

Streik kam, ist e<strong>in</strong> Zeichen da<strong>für</strong>, daß auch <strong>in</strong> diesem Industriezweig<br />

die Kampfkraft <strong>der</strong> Arbeiterklasse deutlich zugenommen<br />

hat. Und die im Juni/Juli 1971 neugewonnenen Kampferfahrungen<br />

werden mit dazu beitragen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> chemischen Industrie den E<strong>in</strong>fluß<br />

sozialpartnerschaftlicher Ideologie weiter zu verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n und das<br />

Klassenbewußtse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Chemiearbeiter zu stärken. E<strong>in</strong>e aktive,<br />

kämpferische und konzernorientierte Gewerkschaftspolitik, die sich<br />

bewußt auf die wichtigste Aufgabe — nämlich auf die Verän<strong>der</strong>ung

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