Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Bernd Jürgen Warneken<br />
Wie kann sich das Subjekt literarisch entfalten?<br />
Erwi<strong>der</strong>ung auf den Beitrag von Lenzen<br />
Die Kritik Lenzens an technizistischen Kreativitätskonzenpten<br />
und se<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung nach Unterrichtsalternativen, die über solche<br />
bestenfalls ambivalenten Reformen h<strong>in</strong>ausgehen, machen auf wesentliche<br />
Arbeitsgebiete e<strong>in</strong>er gegenwärtigen Literatur- und Kunst-<br />
Wissenschaft aufmerksam. Gerade zur Effektivierung e<strong>in</strong>es solchen<br />
Arbeitsprogramms ist aber auch e<strong>in</strong>e Klärung <strong>der</strong>jenigen Punkte<br />
nützlich, <strong>in</strong> denen Lenzen se<strong>in</strong>e Vorstellungen nur <strong>in</strong> Entgegensetzung<br />
zu me<strong>in</strong>em „Abriß e<strong>in</strong>er Analyse literarischer Produktion" sowie<br />
dem Beitrag J. Hodeks entwickeln zu können glaubt; es s<strong>in</strong>d dies<br />
im übrigen Punkte, die v. a. im Anschluß an die Schriften Herbert<br />
Marcuses bei uns seit längerem zur Debatte stehen. Lenzen wendet<br />
sich gegen e<strong>in</strong>e Vernachlässigung, ja Ausschaltung des Subjekts und<br />
damit e<strong>in</strong>er pädagogischen Fragestellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literaturwissenschaft;<br />
beides sieht er im „Abriß" repräsentiert. Angesichts des dort<br />
vertretenen Ansatzes, <strong>der</strong> die Entwicklung des Subjekts durch materielle,<br />
aber auch künstlerische Tätigkeit <strong>in</strong>s Zentrum stellt 1 , kommen<br />
diese Vorwürfe e<strong>in</strong>igermaßen überraschend. Dabei glaube ich nicht<br />
e<strong>in</strong>mal, daß sie ihrem Autor nur die choreographisch günstige Mittelposition<br />
sichern wollen, <strong>in</strong>dem sie <strong>der</strong> Kritik des rechten Antisubjektivismus<br />
sogleich die e<strong>in</strong>es angeblichen l<strong>in</strong>ken h<strong>in</strong>zufügen; dazu<br />
'<br />
1 Der „Abriß" diskutierte Literatur unter dem — sie freilich nicht ausschöpfenden<br />
— Aspekt <strong>der</strong> Produktion. Literaturproduktion wurde als<br />
spezifische geistige Aneignung <strong>der</strong> Realität durch produktive Aneignung<br />
e<strong>in</strong>es literarischen Mittelarsenals begriffen, damit aber auch als qualitativ<br />
beson<strong>der</strong>es Moment <strong>der</strong> — primär praktischen — Verwirklichung und Entfaltung<br />
des Subjekts durch den Prozeß von Selbstobjektivierung und Objektaneignung.<br />
Der „Abriß" grenzt sich zugleich von Ansätzen ab, welche Literatur<br />
als „re<strong>in</strong>e Produktion", also Erf<strong>in</strong>dung, o<strong>der</strong> pseudomaterialistisch<br />
als selbständige „Produktivkraft Literatur" auffassen und sie so aus ihrem<br />
tatsächlichen Zusammenhang mit den an<strong>der</strong>en Lebensäußerungen des<br />
Menschen herauslösen. Zum an<strong>der</strong>n bemüht er sich, die grundlegenden<br />
Funktionsunterschiede von materieller und literarischer Produktion zu<br />
betonen; notwendig ersche<strong>in</strong>t dies <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e angesichts von Kunstkonzeptionen,<br />
welche — analytisch o<strong>der</strong> programmatisch — die Verb<strong>in</strong>dung<br />
von Kunst und Praxis technizistisch kurzschließen. Gewollt o<strong>der</strong> ungewollt<br />
unterstützen sie damit diejenigen Richtungen, welchen <strong>der</strong> Begriff<br />
„Produktion" gerade recht kommt, um e<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>bar ideologiefreies Basteln<br />
von ästhetischen Gebilden mit v. a. psychohygienischen Wirkungen<br />
gegen e<strong>in</strong> als unproduktiv diskrim<strong>in</strong>iertes Herstellen „praktikaFpr Abbil<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Wirklichkeit" (Brecht) als produktiv herauszuputzen.