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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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Streikkämpfe iri <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> 1971 bis 1974 373<br />

tall- und Stahl<strong>in</strong>dustrie führten die Arbeiter Warn- und Proteststreiks<br />

durch, die oft <strong>in</strong> Demonstrationen und Kundgebungen e<strong>in</strong>mündeten.<br />

Gestreikt wurde hier u. a. bei Hoesch <strong>in</strong> Dortmund, bei<br />

Krupp <strong>in</strong> Essen und Rhe<strong>in</strong>hausen, bei Ford und Feiten & Guillaume<br />

<strong>in</strong> Köln, bei <strong>der</strong> Hagen Hasper Hütte, bei <strong>der</strong> Henrichshütte <strong>in</strong> Hatt<strong>in</strong>gen,<br />

bei <strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong>stahl-Gießerei <strong>in</strong> Mei<strong>der</strong>ich, bei Mannesmann<br />

<strong>in</strong> Duisburg, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Friedrich-Wilhelm-Hütte <strong>in</strong> Mülheim, bei Babcock,<br />

bei <strong>der</strong> Gutehoffnungshütte und bei Thyssen <strong>in</strong> Oberhausen,<br />

bei <strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong>stahlhütte, bei den Gußstahlwerken, bei <strong>der</strong> Schalker<br />

Eisenhütte, bei Grillo-Funke und Küppersbusch <strong>in</strong> Gelsenkirchen.<br />

Aber auch außerhalb Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalens legten die Belegschaften<br />

zahlreicher Großbetriebe <strong>der</strong> Metall<strong>in</strong>dustrie die Arbeit nie<strong>der</strong>:<br />

so z. B. bei deft Nordseewerken und bei VW <strong>in</strong> Emden, bei mehreren<br />

an<strong>der</strong>en Werften <strong>in</strong> Hamburg, Kiel und Bremen, <strong>in</strong> Kassel bei VW,<br />

Hanomag, Henschel und an<strong>der</strong>en Betrieben <strong>in</strong>sgesamt 30 000 Streikende),<br />

<strong>in</strong> Ulm bei Klöckner-Humboldt-Deutz, <strong>in</strong> Mannheim bei Daimler-Benz,<br />

<strong>in</strong> München bei BMW. Daneben kam es auch außerhalb <strong>der</strong><br />

großen Ballungszentren zu Streiks, so im Rhe<strong>in</strong>isch-Bergischen Kreis<br />

(14 Betriebe), <strong>in</strong> Städten wie Bad Oeynhausen und Herford zu Arbeitsnie<strong>der</strong>legungen.<br />

Erwähnt seien ferner mehrere Drucker- und Setzerstreiks<br />

<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, Bayern und Schleswig-Holste<strong>in</strong>. Auch<br />

die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes waren <strong>in</strong> größerem Ausmaß'<br />

an den Aktionen <strong>für</strong> die Ratifizierung <strong>der</strong> Verträge beteiligt. In<br />

mehreren Städten — so <strong>in</strong> Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Dortmund,<br />

Oberhausen, Mülheim, Duisburg — legten sie die Arbeit nie<strong>der</strong>,<br />

brachten sie den öffentlichen Nahverkehr kurzfristig zum Stillstand,<br />

schalteten sie zum Zeichen ihres Protestes gegen das Vorgehen<br />

<strong>der</strong> CDU/CSU die Verkehrsampeln auf Rot. Diese Aktionen waren e<strong>in</strong><br />

wesentlicher Faktor beim Kampf um die Durchsetzung <strong>der</strong> Verträge.<br />

Und das Ausmaß <strong>der</strong> tatsächlich durchgeführten bzw. <strong>der</strong> bekanntgewordenen<br />

Arbeitsnie<strong>der</strong>legungen (etwa 100 Streiks mit weit über<br />

100 000 Teilnehmern) war gewissermaßen nur die „Spitze des Eisbergs".<br />

Die Bereitschaft zum Kampf <strong>für</strong> die Verträge auch mit dem<br />

Mittel des politischen Streiks war auch <strong>in</strong> zahllosen an<strong>der</strong>en Betrieben<br />

vorhanden. Es war die rechte sozialdemokratische Führung<br />

selbst, die e<strong>in</strong>e Ausweitung <strong>der</strong> Bewegung verh<strong>in</strong><strong>der</strong>te. Die Furcht<br />

vor e<strong>in</strong>er Politisierung <strong>der</strong> werktätigen Bevölkerung war hier größer<br />

als <strong>der</strong> Wille, die Kampfbereitschaft <strong>der</strong> Arbeiterklasse <strong>für</strong> die<br />

Durchsetzung <strong>der</strong> Verträge auszunutzen. — Sicherlich spiegelten<br />

solche Slogans wie „Willy muß Kanzler bleiben!" die damals noch<br />

sehr tiefgreifenden Illusionen über den Klassencharakter <strong>der</strong> Politik<br />

<strong>der</strong> Brandt/Scheel-Regierung wi<strong>der</strong>. Dies än<strong>der</strong>t jedoch nichts an<br />

<strong>der</strong> Tatsache, daß e<strong>in</strong> bedeuten<strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> westdeutschen Arbeiterklasse<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er politisch offenen Situation se<strong>in</strong> Gewicht <strong>für</strong> die<br />

Durchsetzung e<strong>in</strong>er Politik <strong>der</strong> Entspannung und des Friedens <strong>in</strong> die<br />

Waagschale warf. Wie stark dieses Gewicht wog, das zeigten die bösartigen<br />

Kommentare <strong>der</strong> CDU/CSU wie <strong>der</strong> Monopolpresse. Es<br />

wurde deutlich, wie falsch die Auffassung ist, daß die Arbeiter <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>BRD</strong> nur „<strong>für</strong> mehr Geld" zu kämpfen imstande s<strong>in</strong>d.

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