Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Literarische Produktion, Phantasie, ästhetische Erziehung 425<br />
gelöscht se<strong>in</strong>, sobald er das objektiv vorgegebene Symbolniveau erreicht<br />
hat: „Der subjektive Zweck verwirklicht sich nur, wenn er sich<br />
<strong>der</strong> Problemfigur stellt, die das Material ausdrückt" (223). Warnekens<br />
k<strong>in</strong>dheitslosem Produzenten s<strong>in</strong>d we<strong>der</strong> lebensgeschichtliche Rücker<strong>in</strong>nerung<br />
noch die egozentrische Utopie des Tagtraums als Reservoir<br />
lebensgeschichtlich akkumulierter Erfahrimg, potentiell literarischen<br />
„Rohmaterials" konzediert; zum<strong>in</strong>dest büßen diese im Prozeß<br />
<strong>der</strong> Amalgamierung mit dem primären, historisch paraten „Rohmaterial"<br />
(„durch frühere Arbeit filtrierter Arbeitsgegenstand", 220)<br />
ihre Wirksamkeit dadurch e<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> spontane literarische E<strong>in</strong>fall<br />
als bewußt gewordenes Ergebnis <strong>der</strong> „Verknüpfung momentan z. T.<br />
unbewußter und vorbewußter Lebenserfahrungen" (s.o.) den Text von<br />
Inhalten vorbewußter Erfahrung purgiert 6 . Die fertigen Produkte<br />
werden so eigentümlich harmlos vorgestellt; sie sche<strong>in</strong>en nachvollziehbar<br />
und nicht länger wirkungsvoll (Regressionen auslösend,<br />
Sehnsüchte e<strong>in</strong>fangend). Undenkbar, daß <strong>der</strong> Konsument <strong>in</strong> dies als<br />
Ware auf den Markt geworfene, <strong>in</strong>wendig anschauliche, <strong>in</strong> phylowie<br />
ontogenetäsch .älterer' bildhafter Sprache 7 abgefaßte Produkt<br />
lesend sich durch Identifikation o<strong>der</strong> Projektion (u.a.) psychisch verstrickte<br />
(also z. B. statt e<strong>in</strong>en Roman zu lesen, ihn .verschlänge').<br />
Zumal an trivialästhetischen Produkten <strong>der</strong> Kultur<strong>in</strong>dustrie, die<br />
e<strong>in</strong>er Formulierung Adornos zufolge als „umgekehrte Psychoanalyse"<br />
8 wirksam werden, wo Ich war, also Es werden lassen, wäre die<br />
„Macht <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>" 9 über Phantasmen ihrer Konsumenten geheimnisvoll.<br />
So spart Warneken auch auf dem Sektor <strong>der</strong> Konsumtion die<br />
Rolle <strong>der</strong> Subjektivität aus. Wogegen e<strong>in</strong>zuwenden wäre: die Feststellung,<br />
daß Produktion und Konsumtion „primär übers Profitpr<strong>in</strong>zip<br />
vermittelt s<strong>in</strong>d" (217), entb<strong>in</strong>det nicht von <strong>der</strong> Frage nach ihrem<br />
sekundären Innenleben, e<strong>in</strong>em möglicherweise leidenschaftsvollen, <strong>in</strong><br />
dem subtil das Pr<strong>in</strong>zip des Profits zerstörerisch sich auswirken dürfte.<br />
Die Abwehr dieser Frage f<strong>in</strong>det ihren Ausdruck dadurch, daß <strong>der</strong><br />
sekundäre ,<strong>in</strong>nere', im gesellschaftlich produzierenden Subjekt stattf<strong>in</strong>dende<br />
Prozeß, wird er dennoch erwähnt, logisch unverbunden<br />
ersche<strong>in</strong>t 10 , auch dar<strong>in</strong>, daß an ihn stets For<strong>der</strong>ungen erhoben wer-<br />
6 Warneken sche<strong>in</strong>t den Akt <strong>der</strong> Verknüpfung als e<strong>in</strong>en völlig bewußten<br />
zu fassen, auch denkbar schematischen, von dem Inhalt <strong>der</strong> zu verknüpfenden<br />
Erfahrungsdaten unabhängigen. Immerh<strong>in</strong> wäre auch e<strong>in</strong>e<br />
assoziative Verknüpfung gerade <strong>der</strong> Inhalte des zu Verknüpfenden wegen<br />
denkbar.<br />
7 Vgl. A. Lorenzer, Kritik des psychoanalytischen Symbolbegriffs,<br />
Frankfurt/M. 1970. Lorenzer unterscheidet (S. 77 ff.) zwischen diskursiver<br />
und präsentativer Symbolik; letztere ist <strong>für</strong> Kunstwerke charakteristisch.<br />
8 Th. W. Adorno, a.a.O., S. 104.<br />
9 W. Lepenies, „II Mercenario", Ästhetik und Gewalt <strong>in</strong> posthistoire,<br />
<strong>in</strong>: M. Jürgens, W. Lepenies, K. Schra<strong>der</strong>-Klebert, R. Stiebitz, Ästhetik und<br />
Gewalt, Gütersloh 1970, S. 43.<br />
10 Warneken, a.a.O., S. 224: „Gewiß (?) vollzieht sich all dies nicht <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Ich-höre-und-gehorche; notwendig ist eben (?), um den objektiven<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen genügen zu können, die entschiedenste <strong>in</strong>dividuelle Spontaneität."