Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Streikkämpfe iri <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> 1971 bis 1974 379<br />
hatte sich <strong>in</strong> dieser Zeit die Empörung <strong>der</strong> Arbeiter an e<strong>in</strong>zelnen<br />
Stellen durch Streiks Luft gemacht. Aber die starre Haltung von<br />
Unternehmern und Regierung bildete e<strong>in</strong>e so feste AntiStreikfront,<br />
daß es im ersten Halbjahr 1973 nicht zu e<strong>in</strong>er bundesweiten gleichzeitigen<br />
Streikbewegung kam. Die Tatsache, daß die IG Metall<br />
meist betriebliche Aktionen nicht e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>offiziell tolerierte,<br />
hatte hierzu ebenfalls wesentlich beigetragen. Und um die Jahresmitte<br />
hatte die Arbeiterklasse <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> e<strong>in</strong>en Großteil ihrer Kraft <strong>in</strong><br />
zahlreichen örtlichen Kämpfen bereits verausgabt. Wo es notwendig<br />
war, zeigten die Unternehmer nicht nur Härte, son<strong>der</strong>n auch Flexibilität.<br />
So wurden <strong>in</strong> zahlreichen Betrieben auch Lohnregulierungen<br />
durchgeführt, um Arbeitsnie<strong>der</strong>legungen vorzubeugen. Bis Ende August<br />
1973 waren etwa die Hälfte <strong>der</strong> Arbeiter und Angestellten <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Metallverarbeitung — mit o<strong>der</strong> ohne Streiks — <strong>in</strong> den Genuß<br />
von Zulagen gekommen. Bei Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> eigentlichen Streikbewegung<br />
im August hatte wahrsche<strong>in</strong>lich bereits mehr als e<strong>in</strong> Viertel<br />
<strong>der</strong> Metallarbeiter betriebliche Teuerungszulagen erhalten. So positiv<br />
das auch <strong>für</strong> diese Kollegen gewesen se<strong>in</strong> mag, damit war e<strong>in</strong><br />
wesentlicher Teil des kampfbereitesten Kerns <strong>der</strong> Arbeiterklasse auf<br />
betrieblicher Ebene „besänftigt" und aus <strong>der</strong> Front zukünftiger geme<strong>in</strong>samer<br />
Lohnfor<strong>der</strong>ungen herausgebrochen. Die Spaltungstaktik<br />
<strong>der</strong> Unternehmer richtete sich auch darauf, die Belegschaften <strong>der</strong><br />
Stahl<strong>in</strong>dustrie und <strong>der</strong> metallverarbeitenden Industrie ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zudividieren.<br />
Dies gelang durch die Bewilligung e<strong>in</strong>er branchenmäßigen<br />
Lohnaufbesserung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stahl<strong>in</strong>dustrie: Im Mai 1973<br />
wurde zwischen IG Metall-Führung und Unternehmerverband e<strong>in</strong>e<br />
Zulage von 280 DM (je 70 DM <strong>für</strong> die Monate Juni bis September)<br />
<strong>für</strong> die eisenschaffende Industrie vere<strong>in</strong>bart. Da die Unternehmer<br />
realistisch die Kampfbereitschaft <strong>der</strong> Stahlarbeiter beson<strong>der</strong>s hoch<br />
e<strong>in</strong>schätzten, gaben sie hier den For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> IG Metall relativ<br />
schnell nach. Was die Metallverarbeitung betraf, g<strong>in</strong>gen sie bewußt<br />
e<strong>in</strong> „e<strong>in</strong>kalkuliertes Risiko" e<strong>in</strong> und verweigerten e<strong>in</strong>e Regelung, wie<br />
sie <strong>für</strong> die Stahl<strong>in</strong>dustrie zustande gekommen war.<br />
Die Bewegung des Sommers muß vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser Entwicklung<br />
gesehen werden: Es waren vor allem die große Autorität<br />
<strong>der</strong> sozialdemokratisch geführten Bundesregierung (<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
auch <strong>der</strong> Person des Bundeskanzlers), die weitgehende Nachgiebigkeit<br />
<strong>der</strong> IG Metall-Führung gegenüber dieser Regierung und die<br />
weitgehend erfolgreiche Spaltungstaktik <strong>der</strong> Unternehmer, die 1973<br />
e<strong>in</strong>en „heißen Herbst" o<strong>der</strong> „heißen Sommer" wie 1969 o<strong>der</strong> 1970 verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten.<br />
Die eigentlichen Grundlagen da<strong>für</strong>, daß es im August<br />
nicht zu e<strong>in</strong>em bundesweiten „Flächenbrand" kam, wurden so bereits<br />
im ersten Halbjahr gelegt.<br />
Nord-<br />
Die Streiks um Teuerungszulagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metall<strong>in</strong>dustrie<br />
rhe<strong>in</strong>-Westfalens im Sommer 1973<br />
Die betriebliche Lohnbewegung des Sommers 1973 war im wesentlichen<br />
e<strong>in</strong> Kampf um Teuerungszulagen. Er betraf fast ausschließlich<br />
die metallverarbeitende Industrie. Der regionale Schwerpunkt <strong>der</strong>