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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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384 Kurt Ste<strong>in</strong>haus<br />

Auch was das Problem <strong>der</strong> Führung und Organisation sogenannter<br />

spontaner Streiks angeht, vermitteln die Sommer-Streiks 1973 wichtige<br />

Lehren. Wie schon <strong>in</strong> früheren Kämpfen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e seit 1969,<br />

lassen sich zwei Grundmuster <strong>der</strong> Streikleitung erkennen: Bekannt<br />

ist <strong>der</strong> Typ <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen Streikleitung, die nach außen h<strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest<br />

mit diesem Namen nicht <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung tritt. Hier handelt<br />

es sich um e<strong>in</strong>e Streikleitung, die meist von Vertrauensleuten gebildet<br />

ist und unter Berücksichtigung <strong>der</strong> sog. „Friedenspflicht" des<br />

Betriebsverfassungsgesetzes den Streikkampf führt. Dieser Typ <strong>der</strong><br />

Streikleitung ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> seit langem bekannt. Und auch während<br />

<strong>der</strong> Sommer-Streiks 1973 s<strong>in</strong>d z. B. die Streiks bei Küppersbusch,<br />

Opel und Rhe<strong>in</strong>stahl-Brackwede auf diese Weise geführt und<br />

organisiert worden. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Typ ist die formelle Streikleitung, d.h.<br />

e<strong>in</strong>e Streikleitung, die sich auch als solche bezeichnet. Auch hier<strong>für</strong> hat<br />

es <strong>in</strong> vielen Streikkämpfen <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> schon gute Beispiele gegeben.<br />

Diese formellen Streikleitungen werden meist von Vertrauensleuten<br />

gebildet, die im Optimalfall <strong>in</strong> zusätzlicher Konsultation mit dem Betriebsrat,<br />

<strong>der</strong> ja wegen <strong>der</strong> „Friedenspflicht" bei Streiks <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Handlungsfreiheit sehr e<strong>in</strong>geengt ist, den Streik organisieren. Alle<strong>in</strong><br />

aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, daß die Vertrauensleute gewerkschaftliche<br />

Funktionäre s<strong>in</strong>d, ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Situation damit zu rechnen, daß<br />

die Streikleitung ke<strong>in</strong>e antigewerkschaftliche L<strong>in</strong>ie vertritt. Bei den<br />

August-Streiks des Jahres 1973 hat es jedoch auch formelle Streikleitungen<br />

gegeben, die unter dem E<strong>in</strong>fluß l<strong>in</strong>ksopportunistischer<br />

Gruppen standen. — Alle Erfahrungen zeigen jedenfalls, daß die<br />

abstrakte Fragestellung „Streikleitung" o<strong>der</strong> „ke<strong>in</strong>e Streikleitung"<br />

falsch ist. Die Bezeichnungen s<strong>in</strong>d gerade hier völlig nebensächlich.<br />

E<strong>in</strong>zig richtig ist die <strong>in</strong>haltliche Frage nach Effektivität und L<strong>in</strong>ie<br />

e<strong>in</strong>er Streikleitung — unabhängig davon, ob sie als solche offiziell<br />

nach außen h<strong>in</strong> <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung tritt. Für die Beurteilung s<strong>in</strong>d dann<br />

— dies bestätigen die Streikkämpfe des Sommers 1973 sehr nachdrücklich<br />

— vor allem folgende Kriterien maßgeblich: Erstes Kriterium<br />

ist, ob die Streikleitung zum<strong>in</strong>dest von e<strong>in</strong>er klaren Mehrheit<br />

<strong>der</strong> Belegschaft akzeptiert wird. Zweites Kriterium ist, ob die Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Streikleitung auf die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Belegschaft, auf die<br />

Zusammenarbeit mit Gewerkschaft, Betriebsrat und Vertrauenskörper<br />

h<strong>in</strong>arbeiten. Drittes Kriterium ist, ob die Streikleitungen —<br />

gestützt auf die Belegschaft — imstande s<strong>in</strong>d, den Streik organisiert,<br />

diszipl<strong>in</strong>iert und geschlossen zu führen und zu beenden. —<br />

Bei zwei Streiks (Hella und Pierburg) erfüllten die Streikleitungen<br />

diese Anfor<strong>der</strong>ungen. Die aus fortschrittlichen ausländischen Kollegen<br />

bestehenden Streikleitungen waren durch die Mehrheit <strong>der</strong><br />

Streikenden gewählt worden, ihre Orientierung war im wesentlichen<br />

richtig, ihre Autorität reichte <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e geschlossene Durchführung<br />

des Kampfes aus. Diese Streiks waren auch erfolgreich. Bei zwei<br />

an<strong>der</strong>en Streiks (Valvo und Ford) waren diese Kriterien nicht erfüllt.<br />

Die Streikleitungen waren hier nicht von <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong><br />

Streikenden gewählt; unter dem E<strong>in</strong>fluß von ultral<strong>in</strong>ken Gruppen<br />

verfolgten sie e<strong>in</strong>e antigewerkschaftliche Politik und waren so au-

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