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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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460 Besprechungen<br />

ohne daß sie die dabei nötigen kreativen Handlungsleistungen unterschlägt<br />

(wie die Rollentheorie), son<strong>der</strong>n vielmehr am <strong>in</strong>tentionalen<br />

Grundcharakter illokutionärer Akte tragend macht; an<strong>der</strong>erseits<br />

würde sie (analog etwa dem Symbolischen Interaktionismus') die Sozialbeziehungen<br />

als kommunikativ erstellte regelhaft rekonstruieren,<br />

ohne dabei die erfaßten Handlungsfähigkeiten mangels analytischer<br />

Instrumente verschwimmen zu lassen.<br />

Diese soziologische Verankerung mag an e<strong>in</strong>em angelsächsischen<br />

Sprachphilosophen verblüffen. Tatsächlich hat sich Searle erst von<br />

e<strong>in</strong>er Reihe methodologisch aufrechterhaltener Dogmen befreien<br />

müssen, um e<strong>in</strong>en unverstellten Blick auf Kommunikation zu bekommen.<br />

E<strong>in</strong>mal hat er den Unterschied zwischen menschlicher und<br />

tierischer Kommunikation klar herausgearbeitet — e<strong>in</strong>e Differenz,<br />

die vor allem Vertretern e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Semiotik heute noch verborgen<br />

ist. Während Tiere zwar Zeichen übermitteln und sich e<strong>in</strong>deutig<br />

auf Gegenstände beziehen können — weshalb man sogar so<br />

weit gehen mag, ihnen metaphorisch e<strong>in</strong>e Absicht zu unterstellen<br />

(62)—, erstreckt sich diemenschliche Sprachkompetenz auf Intentionen,<br />

die sich reflexiv auf den Verstehensvorgang zurückbeugen: dieser ist<br />

gelungen, wenn es dem Sprecher glückt, se<strong>in</strong>e Absicht verständlich<br />

zu machen. Searle hat anschließend an Grice <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er scharfs<strong>in</strong>nigen<br />

Analyse <strong>der</strong> Bedeutungsübermittlung (68 bis 78) Verstehen als illokutionär<br />

herbeigeführte Transparenz <strong>der</strong> Sprecher<strong>in</strong>tention ausgewiesen.<br />

Zum an<strong>der</strong>n trifft er die anti-positivistische Unterscheidung<br />

konstitutiver' von regulativen' Regeln des Verhaltens, welche durch<br />

ihre Existenz Handlungen erst ermöglichen und sie nicht nur als von<br />

ihnen unabhängige beschreiben (z. B. alle Arten von ,Spielen'). Solche<br />

konstitutiven' Regeln setzen sich zu sozialen .Institutionen' zusammen,<br />

sie trennen die ,<strong>in</strong>stitutionellen Tatsachen' <strong>der</strong> sozialen<br />

Lebenswelt von den ,natürlichen' e<strong>in</strong>er zwar auch <strong>in</strong> konventionalisierten<br />

Bezugssystemen erfaßten Natur, <strong>in</strong> ihrer Konstitution aber<br />

unabhängig von Handeln vorweg gegebenen. Äußerst vage beschreibt<br />

Searle nur, welche Rolle Regulative' Regeln bei <strong>der</strong> Ordnung<br />

strukturierten S<strong>in</strong>ns <strong>in</strong> sozialen Institutionen' spielen: sicher<br />

gehören sie nicht zur Ordnung <strong>der</strong> Natur o<strong>der</strong> natürlicher' Fakten.<br />

Da es diese gleichsam ,an sich' nicht geben kann, wie Searle suggeriert,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Naturwissenschaften empirische Fakten nach<br />

Maßgabe e<strong>in</strong>er konventionalistischen Tbeoriebasis herbeischaffen,<br />

wäre die ausschließliche Trennung ,natürlicher' und .<strong>in</strong>stitutioneller'<br />

Fakten unter dem Doppelaspekt von Konstitution und Kognition zu<br />

revidieren. Wohl aber läßt sie sich bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorliegenden Fassung<br />

zur Kritik an <strong>der</strong> analytischen Sprachphilosophie verwenden, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> sich das empiristische Vorurteil e<strong>in</strong>er Gleichsetzung ,<strong>in</strong>stitutioneller'<br />

und natürlicher' Fakten immer wie<strong>der</strong> durchsetzt.<br />

Searle liefert im Rahmen se<strong>in</strong>er Kritik an schlagwortartig erstarrten,<br />

deshalb aber um so populäreren, weil leicht transportierbaren<br />

sprachphilosophischen Weisheiten se<strong>in</strong>en weitreichendsten Angriff<br />

denn auch auf dem <strong>für</strong> die Sozialwissenschaften <strong>in</strong>teressantesten<br />

Gebiet <strong>der</strong> ord<strong>in</strong>ary-language-Philosophie: <strong>der</strong> sog. Meta-Ethik. Die

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