Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Entrechtung der ausländischen Arbeiter 415
— „Um die Fluktuation ausländischer Arbeitnehmer ... möglichst
zu verhindern, kann die Aufenthaltserlaubnis mit der Bedingung
versehen werden, daß sie erlischt, wenn das Arbeitsverhältnis
beendet ist 25 ."
— „Bei längerer Krankheit kann die Aufenthaltserlaubnis versagt
werden, weil der Zweck des Aufenthalts, nämlich die Arbeitnehmertätigkeit
und damit Hilfe für die deutsche Wirtschaft und
Industrie nicht mehr vorliegt 26 ."
Das Ausländergesetz als Instrument zur Regulierung des Arbeitsmarktes
im Interesse des Kapitals und zur Normierung eines konfliktfreien
sozialen Verhaltens im vorgegebenen Ordnungs- und
Sicherheitsinteresse des kapitalistischen Staates gewinnt an gesellschaftspolitischer
Bedeutung angesichts der quantitativen Entwicklung
der Arbeiterimmigration.
Arbeiterimmigration und „erhebliche Belange" der Bundesrepublik
Bis Ende der Rekonstruktionsphase war — bei relativ konstanter
Produktionstechnik — das wirtschaftliche Wachstum in der BRD im
wesentlichen durch die Verfügbarkeit über ein Reservoir an einheimischen
und aus dem Osten zugewanderten deutschen Arbeitskräften
und durch Methoden der extensiven Profitproduktion bestimmt.
— Die Verringerung des produktiven Teils der Erwerbsbevölkerung
(ungünstige Altersstruktur als Folge von Kriegstoten und Geburtsausfällen,
Verlängerung der Ausbildungszeiten, Aufbau der
Bundeswehr und Ausbleiben des Zustroms von Arbeitskräften
aus der DDR infolge der dortigen Gr enzsicher ungsmaßnahmen),
— die Verkürzung der tariflichen Arbeitszeiten in den Jahren
1956—1961 und
— ein allgemeiner Anstieg der Arbeitslöhne
erzwangen (auch insbesondere angesichts des zunehmenden Drucks
der internationalen Konkurrenz) die Entwicklung der Produktivkraft
Arbeit auf der Basis neuer Technologien 27 .
Mit der Anwendung neuer Produktionsverfahren war die Zunahme
restriktiver und unqualifizierter industrieller Arbeiten verbunden
(der Anteil unqualifizierter, belastender Industriearbeiten, vor allem
repetitiver Teilarbeiten nahm zu). Angesichts der Verknappung der
inländischen Arbeitskraft war im Interesse der Kapitalverwertung
eine Öffnung des nationalen Arbeitsmarktes notwendig. Als Folge
der imperialistischen Ausbeutung der unterentwickelt gehaltenen
Länder stand den Metropolen in den europäischen Peripherieländern
ein großes Arbeitslosenheer zur Kapitalverwertung zur Verfügung.
25 Kanein, a.a.O., S. 96.
26 Weissmann, a.a.O., S. 46.
27 Vgl. hierzu: Redaktionskollektiv Gewerkschaften: Zur Intensifikation
der Arbeit in der BRD (1. Teil). In: Probleme des Klassenkampfs,
Nr. 4, Sept. 1972, S. 89 f.