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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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390 Kurt Ste<strong>in</strong>haus<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung zwischen <strong>der</strong> IG Metall und <strong>der</strong> baden-württembergischen<br />

Landesregierung führte. Der CDU-Innenm<strong>in</strong>ister<br />

Schiess hatte die Bespitzelung <strong>der</strong> Streikenden und <strong>der</strong> Gewerkschaft<br />

durch die Polizei angeordnet. In Realisierung des Schiess-Erlasses<br />

wurden nicht nur uniformierte Polizeibeamte, son<strong>der</strong>n auch Agenten<br />

<strong>in</strong> Zivil e<strong>in</strong>gesetzt. Wenn diese beispiellose Provokation auch aufgrund<br />

<strong>der</strong> Besonnenheit und Diszipl<strong>in</strong> <strong>der</strong> Streikenden nicht zu<br />

Zwischenfällen führte, so machte sie den Arbeitern doch erneut<br />

drastisch klar, auf wessen Seite <strong>der</strong> Staats- und Repressionsapparat<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik <strong>in</strong> Klassenause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen steht. — Bereits<br />

e<strong>in</strong>en Tag nach Streikbeg<strong>in</strong>n wurden zwischen <strong>der</strong> Gewerkschaft und<br />

den Unternehmern erneut Verhandlungen vere<strong>in</strong>bart, die am 19. 10.<br />

begannen und schon am folgenden Tag zu e<strong>in</strong>em Ergebnis führten,<br />

das die Große Tarifkommission e<strong>in</strong>stimmig billigte. Bei <strong>der</strong> am<br />

24. 10. durchgeführten Urabstimmung stimmten fast 82% <strong>der</strong> Abstimmenden<br />

bzw. 71 % <strong>der</strong> Stimmberechtigten <strong>für</strong> das Verhandlungsergebnis.<br />

Damit endete <strong>der</strong> Streik. — Das hiermit endgültig<br />

akzeptierte Verhandlungsergebnis wurde seitens <strong>der</strong> Gewerkschaft<br />

dah<strong>in</strong>gehend charakterisiert, daß es we<strong>der</strong> „über" noch „unter", son<strong>der</strong>n<br />

„neben" dem Schiedsspruch des Schlichters liege. Mit dieser<br />

Formel wurde <strong>der</strong> folgende Tatbestand umschrieben: E<strong>in</strong>erseits<br />

hatte die IG Metall, vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wesentlichen Punkt des<br />

Lohnrahmens II, nämlich bei <strong>der</strong> Akkordabsicherung, e<strong>in</strong>e ungünstigere<br />

Regelung akzeptiert, als sie <strong>der</strong> Schlichter vorgeschlagen hatte.<br />

An<strong>der</strong>erseits hatten sich die Unternehmer bereit gefunden, gleichzeitig<br />

mit dem Lohnrahmen II auch e<strong>in</strong>en neuen Manteltarifvertrag<br />

abzuschließen, <strong>der</strong> eigentlich noch gar nicht Verhandlungsgegenstand<br />

gewesen war. Der neue Lohnrahmen II folgte <strong>in</strong> den meisten<br />

Punkten weitgehend dem Vorschlag des Schlichters: Für Akkord-,<br />

Fließband- und Prämienlohnarbeiter wurde e<strong>in</strong>e bezahlte M<strong>in</strong>desterholzeit<br />

von 5 M<strong>in</strong>uten (ursprüngliche gewerkschaftliche For<strong>der</strong>ung:<br />

6 M<strong>in</strong>uten) sowie e<strong>in</strong> Verbot <strong>der</strong> weiteren Unterglie<strong>der</strong>ung<br />

von Arbeitsakten am Band vorgesehen (die gewerkschaftliche For<strong>der</strong>ung<br />

nach e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>desttaktzeit von 1,5 M<strong>in</strong>uten war schon im<br />

Schiedsspruch durch e<strong>in</strong>e relativ unverb<strong>in</strong>dliche Formulierung ersetzt<br />

worden, die die Notwendigkeit betonte, die „Abwechslungsarmut"<br />

<strong>der</strong> Bandarbeit „abzumil<strong>der</strong>n"); ferner wurde Verdienstabsicherung<br />

vom 55. Lebensjahr an bei m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>em Jahr Betriebszugehörigkeit<br />

und Kündigungsschutz vom 53. Lebensjahr an<br />

bei m<strong>in</strong>destens drei Jahren Betriebszugehörigkeit vere<strong>in</strong>bart (die<br />

IG Metall hatte e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Altersgrenze von 50 Jahren ohne<br />

B<strong>in</strong>dung an e<strong>in</strong>e bestimmte Betriebszugehörigkeit gefor<strong>der</strong>t). In<br />

e<strong>in</strong>em wesentlichen Punkt lag die E<strong>in</strong>igung unterhalb des Schiedsspruches:<br />

Dieser hatte <strong>für</strong> Akkordarbeiter e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle M<strong>in</strong>destverdienstgarantie<br />

von 130 % des Tariflohns festgelegt (die gewerkschaftliche<br />

For<strong>der</strong>ung hatte bei 140 % gelegen). Demgegenüber legte<br />

<strong>der</strong> neue Lohnrahmen II fest, daß die Akkordlöhne im Betriebsdurchschnitt<br />

ab 1. 11. 73 m<strong>in</strong>destens 125 %, ab 1. 11. 1975 m<strong>in</strong>destens<br />

130 % des Tariflohns betragen müssen. — Der gleichzeitig abge-

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