Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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teidigten die Sozialdemokraten die tatsächliche Praxis der Entnazifizierung,
wenn auch mit teilweise großen Bedenken. CDU und FDP
widerspiegelten stets die bürgerliche Zwiespältigkeit angesichts der
politischen Säuberung vom Faschismus (174); sie hielten sich meist
mehr an die von Carl Goerdeler herrührende Formel, wonach allein
entscheidend sein dürfe, ob jemand „anständig oder unanständig"
gehandelt habe (15). Der Verfasser sieht die Entnazifizierung in den
Westzonen — mit dem Unterton des Bedauerns spricht er davon, daß
die Sowjets mehr politischen Instinkt in dieser Frage besessen hätten
(30) — auch deshalb als gescheitert an, weil eine politische Säuberung
sich seiner Meinung nach heute nur gegen die Elite einer politischen
Massenpartei richten könne, um effektiv zu sein (221), der Gedanke
an eine solche Säuberung sei mit dem Bürger- und Religionskriegscharakter
moderner Kriege verbunden (220). Warum dem so
ist (hält man sich einmal an diese verschwommenen Termini), reflektiert
Fürstenau nicht.
Im ganzen ist die Darstellung immerhin brauchbar, besonders in
Hinblick auf die Übersicht über die Entnazifizierungsgesetzgebung in
den Westzonen.
Michael-Viktor Graf Westarp (Berlin/West)
Billerbeck, Rudolf: Die Abgeordneten der ersten Landtage
(1946 —1951) und der Nationalsozialismus.
Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen
Parteien, Bd. 41. Droste-Verlag, Düsseldorf 1971 (305 S., geb.,
48,— DM).
Für die Analyse des politisch sozialen Systems der BRD ist es
durchaus von Belang, das Verhältnis der ersten Repräsentanten in
den Anfangsj ahren der westzonalen Entwicklung zum NS zu erforschen.
Ging sie einher mit einer kritischen Analyse der Entstehungsbedingungen
des Faschismus, oder wurden lediglich äußere Erscheinungen.
kritisiert? Billerbeck untersucht das Verhalten, insbesondere
die Einstellung der „Parlamentarier der ersten Stunde" (17) zum
NS. Dabei geht er von folgender Voraussetzung aus:
„Der Nationalsozialismus verdankt seinen Erfolg nicht zuletzt den
Fehlkalkulationen seiner Gegner. Diese Gegner, nach langem Nichtstun
nunmehr wiederauferstanden, hatten eine schwierige Aufgabe
zu bewältigen: Um den eigenen Standort zu bestimmen, mußten
sie im nachhinein eine Gesellschaft in ihren Zusammenhängen rekonstruieren
und in den Griff bekommen, die den Nationalsozialismus
hervorgebracht, mit weltweiter Zerstörungskraft ausgestattet
und bis zur völligen Erschöpfung in der Niederlage ertragen hatte.
Die Auseinandersetzung mit diesem Phänomen bot die Chance,
sich über die gesellschaftlichen Voraussetzungen für Demokratie
in Deutschland klarzuwerden. Haben die Parteien die Chance genutzt?"
(13)
Billerbèck versucht dieser Frage nachzugehen, indem er die Landtagsprotokolle
von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und