02.03.2014 Aufrufe

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Geschichte 495<br />

<strong>der</strong> vor<strong>in</strong>dustriellen Welt und <strong>der</strong> entwickelten <strong>in</strong>dustriellen Gesellschaft<br />

und Wirtschaft <strong>der</strong> Gruppen, Schichten und Klassen" (49 f.)<br />

begriffen wird. Der von Büsch formulierte Aufgabenkatalog, <strong>der</strong><br />

wie<strong>der</strong>um außerordentlich stark die landeshistorische Fundierung<br />

<strong>der</strong> Industrialisierungsforschung betont und regionale Quantifizierung<br />

anregt, ließe sich selbstverständlich erweitern. Problematisch<br />

ist die Behauptung, daß <strong>der</strong> „Nexus" von politischer Ordnung und<br />

Industrialisierung auf Demokratisierung h<strong>in</strong>auslaufe. Züm an<strong>der</strong>en<br />

schw<strong>in</strong>det die Arbeiterschaft neben den „Trägerschichten" <strong>der</strong> Unternehmer,<br />

<strong>der</strong> Angestellten und <strong>der</strong> Handwerker Büsch zu sehr aus<br />

dem Blick. Sie darf nicht nur unter die Pauperismus-Problematik<br />

subsumiert werden, die Büsch knapp erwähnt (40 f.), son<strong>der</strong>n müßte<br />

im Zusammenhang mit <strong>der</strong> „Faktorausstattung des früh<strong>in</strong>dustriellen<br />

Industriebetriebes" (50) systematisch untersucht werden. Ihr Entstehen<br />

müßte <strong>in</strong> die massenwirksamen Wandlungsprozesse des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wie B<strong>in</strong>nenwan<strong>der</strong>ung, Bevölkerungszunahme,<br />

Verstädterung usw. gestellt werden. Drittens ist die Bedeutung des<br />

Sozialverhaltens zu sehr vernachlässigt und e<strong>in</strong>geengt worden; es<br />

wird nur sektoral <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit ethnisch-religiösen Son<strong>der</strong>entwicklungen<br />

und Son<strong>der</strong>fällen behandelt, ersche<strong>in</strong>t als Aspekt <strong>der</strong><br />

Unternehmerforschung o<strong>der</strong> steht im Zusammenhang mit vere<strong>in</strong>sund<br />

verbandsgeschichtlichen Studien. Man mag darüber streiten, ob<br />

die Industrialisierung im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t den Demokratisierungsprozeß<br />

und die Entstehung e<strong>in</strong>er pluralistisch verfaßten Gesellschaft<br />

erleichterte bzw. beschleunigte. Daß Fabrikarbeiter und die Bevölkerung<br />

des sog. platten Landes sich ihrer gesellschaftlichen Stellung<br />

bewußt wurden, Gruppenbewußtse<strong>in</strong> entwickelten und schließlich<br />

solidarisches Handeln erlernten, ist kaum zu bestreiten. Da sich <strong>der</strong><br />

Ansatz Büschs durch e<strong>in</strong>e pragmatische Weitgefaßtheit auszeichnet,<br />

die sogar e<strong>in</strong>e geistesgeschichtliche Untersuchung <strong>der</strong> Rezeption von<br />

Industrialisierungsvorgängen <strong>in</strong> <strong>der</strong> zeitgenössischen Dichtung thematisch<br />

richten kann, ist es nicht ganz verständlich, daß dieser wichtige<br />

sozialgeschichtliche Ansatz fehlt, dessen Reflex sich bestenfalls<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> Beziehungen von Schulbildung und Industrialisierung<br />

f<strong>in</strong>det: „Denn die Erziehung des mit <strong>der</strong> Industrialisierung<br />

nun massenhaft auftretenden Lohnarbeiterstandes als Vorbereitung<br />

auf die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitswelt e<strong>in</strong>er expandierenden<br />

kapitalistischen Industrie war e<strong>in</strong>e wësentliche Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> das Funktionieren des Industriesystems" (57).<br />

Als Nachteil, <strong>der</strong> weniger Büsch als offensichtlich den Pr<strong>in</strong>zipien<br />

<strong>der</strong> Forschungsorganisation anzulasten ist, wird man die fehlende<br />

Information über die Arbeit weiterer westdeutscher Gruppen, die<br />

sich mit <strong>der</strong> Industrialisierung befassen, aber auch die Ausklammerung<br />

<strong>der</strong> osteuropäischen Industrialisierungsforschung empf<strong>in</strong>den.<br />

Während Büsch die amerikanischen Mo<strong>der</strong>nisierungstheorien nennt,<br />

werden die wichtigen Studien von Forberger (zur Entwicklung <strong>der</strong><br />

Manufaktur und <strong>der</strong> Fabrik <strong>in</strong> Sachsen) vernachlässigt; die e<strong>in</strong>zige<br />

Erwähnung ist nicht korrekt. Auch Blaschkes bis jetzt e<strong>in</strong>zig darstehende<br />

Studien zur Bevölkerungsgeschichte Sachsens <strong>in</strong> <strong>der</strong> In-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!