Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

534 Besprechungen
Konstanten abzusichern versucht, müßte man ein Vielfaches seiner
100 Seiten aufwenden, und das wäre für das Buch wirklich zuviel
Ehre. Eine Aufzählung einiger Beispiele mag daher genügen.
Zumindest seit Pigou, d. h. seit etwa 1915, sind der Wirtschaftspolitik
die theoretischen Mittel zur Verfügung gestellt worden, die sie für
Probleme wie Umweltverschmutzung und Großstädteverelendung
braucht (14). — Die marxistische Theorie des Imperialismus ist durch
die Keynessche Revolution überholt worden (19). — Wenn ein Nationalökonom
ideologische Aussagen macht, dann als beliebiger Bürger
und nicht als Wissenschaftler (26). — Die Mietkontrolle führt u. a. zu
einem Mangel an Wohnungen und zur Diskriminierung kinderreicher
Familien (39). — Wer von Konsumentenmanipulation spricht, vertritt,
strenggenommen, das Saysche Gesetz, nach dem das Angebot seine
eigene Nachfrage erzeugt (41). — Die Einstufung von Tätigkeiten der
Informationsvermittlung als unproduktiv rührt daher, daß man
glaubt, Informationen ließen sich kostenlos gewinnen und verbreiten
(47). — Einen großen und wachsenden Anteil am gesamten Kapital
einer Volkswirtschaft macht heute das human capital (Bildung, Berufserfahrung)
aus. Verstaatlichungen würden daher das Kapital
nicht abschaffen, sondern nur einen kleinen Teil davon dem Staat
übertragen (57 f.). — Nach dem Begriff der Ausbeutung müssen Vorstandsmitglieder
großer Aktiengesellschaften als ausgebeutet angesehen
werden. Ihre „Lohnforderungen" sind deswegen nach einer konsequenten
marxistischen Auffassimg zu unterstützen (72 f.).
Das Vorwort von P. A. Samuelson verdient schließlich gesonderte
Erwähnung. Samuelson, einer der bekanntesten Wirtschaftstheoretiker
der kapitalistischen Welt, hat ganz nebenher auch über Marx —
allerdings ohne ihn gelesen zu haben — ein halbes Dutzend Aufsätze
geschrieben, jeden von ihnen mehr oder weniger als „dangerous bedside
story to wake all marxobabies up". — Was nun auffällt, ist der
fast konziliante Ton gegenüber den jungen aufsässigen Ökonomen.
Und dies, nachdem Samuelson jahrelang Abweichlern gewiß keine
Komplimente gemacht hat. Jetzt hebt er zwar hervor, welches Licht
die Arbeit Lindbecks auf den Wust linker Widersprüche werfe, nennt
aber lobend einige aus dem feindlichen Lager beim Namen und äußert
Hoffnungen auf reichen wissenschaftlichen Ertrag. Ist diese Konzilianz
höherer wissenschaftlicher Erkenntnis zu danken oder ist sie
lediglich Ausdruck einer taktischen Anpassung an die auch in den
USA zunehmende Infragestellung der bürgerlichen Volkswirtschaftslehre
in der Fassung von Samuelsons „Economics", die für Generationen
von Studenten als Dogma galt?
Gianfranco Accardo (Berlin/West)
Baran, Paul Alexander: Zur politischen Ökonomie der
geplanten Wirtschaft. Edition Suhrkamp, Bd. 277. Frankfurt/M.
1968 (136 S., br., 5,— DM).
Das 1966, zwei Jahre nach dem Tode des Autors, in New York erschienene
Bändchen versammelt Aufsätze aus den Jahren 1952—1964.