02.03.2014 Aufrufe

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Streikkämpfe iri <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> 1971 bis 1974 397<br />

schäftigte vom 55. Lebensjahr an e<strong>in</strong>geschlossen. Die Laufzeit sollte<br />

weniger als 12 Monate betragen. Der Schiedsspruch belief sich auf<br />

14 °/o mehr Lohn und Gehalt, 70 DM mehr Ausbildungsvergütung,<br />

zwei Tage mehr Urlaub, Kündigungsschutz und Verdienstabsicherung<br />

<strong>für</strong> Beschäftigte vom 55. Lebensjahr an bei fünfjähriger Betriebszugehörigkeit.<br />

Dieser angesichts <strong>der</strong> komplizierten konjunkturellen<br />

Situation verhältnismäßig günstige Schiedsspruch bot den<br />

Metallarbeitern des Unterwesergebiets <strong>für</strong> ihren Lohnkampf e<strong>in</strong>e<br />

gute Ausgangsposition. Günstig war ferner die hohe Kampfbereitschaft<br />

<strong>der</strong> Metallarbeiter, die nicht zuletzt dar<strong>in</strong> ihren Ausdruck gefunden<br />

hatte, daß die Tarifkommission ihre 18 %-For<strong>der</strong>ung erstmals<br />

e<strong>in</strong>stimmig beschlossen hatte. E<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>für</strong> die hohe<br />

Kampfbereitschaft spielten auch die Er<strong>in</strong>nerungen an die außerordentlich<br />

harten Streikkämpfe im Mai 1973, aus denen nach Ansicht<br />

vieler aktiver Gewerkschafter noch „offene Rechnungen" mit den<br />

Unternehmern zu begleichen waren. Nach dem Scheitern <strong>der</strong> Schlichtung<br />

aufgrund <strong>der</strong> Ablehnung des Schiedsspruches durch die Unternehmer-Seite<br />

genehmigte <strong>der</strong> IG Metall-Vorstand am 26. 2. die Urabstimmung<br />

<strong>für</strong> den 28. 2./1. 3. 74. Diese Urabstimmung, an <strong>der</strong> sich<br />

94 %> <strong>der</strong> IG Metall-Mitglie<strong>der</strong> beteiligten, brachte e<strong>in</strong> überwältigendes<br />

Votum <strong>für</strong> den Kampf: 88 °/o <strong>der</strong> Abstimmungsberechtigten und<br />

94 o/o <strong>der</strong> Abstimmenden sprachen sich <strong>für</strong> den Streik aus. — In <strong>der</strong><br />

Metall<strong>in</strong>dustrie des Unterwesergebiets s<strong>in</strong>d 57 000 Arbeiter und Angestellte<br />

beschäftigt. Rund e<strong>in</strong> Drittel von ihnen arbeitet auf den<br />

Werften von Bremen und Bremerhaven. Die größten Werften (Vulkan,<br />

Weser, Seebeck) gehören zum Krupp- bzw. Thyssen-Konzern.<br />

Ferner gibt es im Unterwesergebiet Zweigwerke großer Rüstungsund<br />

Elektrokonzerne (VFW Fokker, Nordmende, Siemens).<br />

Diese spezifische Industriestruktur bee<strong>in</strong>flußte auch den Verlauf<br />

des Kampfes. Günstig war zweifellos die Tatsache, daß <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bremer Metall<strong>in</strong>dustrie dom<strong>in</strong>ierende Schiffbau sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr<br />

günstigen konjunkturellen Situation befand. Die Werftarbeiter bilden<br />

den Kern <strong>der</strong> Arbeiterklasse im Unterwesergebiet. Als<br />

schwächste Kettenglie<strong>der</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Industrie erwiesen sich später<br />

e<strong>in</strong>ige Elektro- und Rüstungsbetriebe mit hohem Angestelltenanteil<br />

und relativ niedrigem gewerkschaftlichen Organisationsgrad.<br />

Das größte Handicap <strong>der</strong> Bremer Metallarbeiter war jedoch, daß ihr<br />

Streik, <strong>der</strong> am 6. 3. begann, wenig konkrete Hilfe und Unterstützung<br />

seitens <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en regionalen Gewerkschaftsführungen fand.<br />

Die Arbeiter <strong>in</strong> den Betrieben hatten durch zwei Wellen von Warnstreiks,<br />

<strong>der</strong>en regionale Schwerpunkte <strong>in</strong> den Tarifbezirken Schleswig-Holste<strong>in</strong>,<br />

Hamburg, Hessen, Südwürttemberg-Hohenzollern,<br />

Nordwürttemberg-Nordbaden und Bayern lagen, allerd<strong>in</strong>gs deutlich<br />

ihre Kampfbereitschaft bekundet. Die erste Streik-Welle im Zeitraum<br />

Ende Januar/Anfang Februar war nicht nur e<strong>in</strong> Protest gegen das<br />

provokative 8,5 %-Angebot von „Gesamtmetall", son<strong>der</strong>n zugleich<br />

„Begleitmusik" zur ÖTV-Tarifrunde gewesen. Die zweite Welle <strong>der</strong><br />

Warnstreiks von Mitte Februar bis Mitte März war vor allem Ausdruck<br />

des Protests gegen das 11,33 °/o-Ergebnis von Nordrhe<strong>in</strong>-West-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!