Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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386 Kurt Ste<strong>in</strong>haus<br />
Hütten. Die Streikenden erhielten sogar die Streikschichten bezahlt.<br />
— Für die Auslösung des Streiks <strong>der</strong> saarländischen Bergarbeiter<br />
haben sicherlich die Erfolge <strong>der</strong> Stahlarbeiter e<strong>in</strong>e gewichtige Rolle<br />
gespielt. Während die Unruhe anläßlich des ungenügenden 9,6 °/o-<br />
Abschlusses <strong>der</strong> IG Bergbau und Energie (IGBE) im Sommer sich<br />
noch nicht zu Kampfaktionen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er nennenswerten Bewegung<br />
verdichtet hatte, kam es diesmal am 23. 10. 1973 auf <strong>der</strong> Grube Reden<br />
zu e<strong>in</strong>em Streik zunächst <strong>der</strong> Übertagebelegschaft. Diesem<br />
Streik schloß sich noch am gleichen Tag die Untertagebelegschaft<br />
von Reden sowie die Belegschaft des Betriebsteils Maybach an. Später<br />
kam die Grube Warndt h<strong>in</strong>zu, wo schon vorher Unterschriftensammlungen<br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Teuerungszulage durchgeführt worden waren.<br />
Am 24. 10. befanden sich alle sechs saarländischen Gruben im Streik.<br />
An diesem und am folgenden Tag kam es zu Bergarbeiterdemonstrationen<br />
<strong>in</strong> Saarbrücken.<br />
Da ke<strong>in</strong>e Solidarisierung <strong>der</strong> Ruhrbergleute erfolgte, mußte <strong>der</strong><br />
Streik am Freitag, dem 26. 10., zur Frühschicht abgebrochen werden.<br />
Die Belegschaften fuhren geschlossen wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>. — Der Streik <strong>der</strong><br />
Bergleute aller saarländischen Kohlegruben führte also nicht zur<br />
Durchsetzung <strong>der</strong> berechtigten Lohnfor<strong>der</strong>ungen. Dies war nicht<br />
zuletzt <strong>der</strong> Haltung <strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> IGBE zuzuschreiben, die ihre<br />
Aufgabe nicht dar<strong>in</strong> sah, die schwierige Situation <strong>der</strong> Bergleute zu<br />
erleichtern, son<strong>der</strong>n im Gegenteil alles tat, um den Streik als Ergebnis<br />
„kommunistischer Wühlarbeit" darzustellen, ihn zu ersticken<br />
und se<strong>in</strong> Übergreifen auf das Ruhrrevier zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Aber die<br />
Geschlossenheit des Kampfes und vor allem <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufnahme<br />
<strong>der</strong> Arbeit, die e<strong>in</strong>drucksvollen, mächtigen Demonstrationen durch<br />
Saarbrücken, die gegenüber 1969 deutlich gesunkene Anfälligkeit<br />
gegenüber antikommunistischer Hetzpropaganda — dies alles s<strong>in</strong>d<br />
beredte Zeugnisse e<strong>in</strong>er bemerkenswert gewachsfenen Kampfbereitschaft<br />
auch dieser Abteilung <strong>der</strong> Arbeiterklasse <strong>der</strong> <strong>BRD</strong>.<br />
Die erfolgreiche Durchsetzung von Teuerungszulagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metall<strong>in</strong>dustrie<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalens durch das Kampfmittel Streik<br />
hatte auch <strong>für</strong> den Bereich des öffentlichen Dienstes e<strong>in</strong>e deutlich<br />
erkennbare Signalwirkung. Unter dem E<strong>in</strong>fluß <strong>der</strong> Streiks <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Metall<strong>in</strong>dustrie kamen von <strong>der</strong> Basis her zahlreiche For<strong>der</strong>ungen<br />
nach Teuerungszulagen auf. Bei <strong>der</strong> Müllabfuhr verschiedener Städte<br />
— z. B. <strong>in</strong> Wolfsburg, Hannover, Oberhausen und Frankfurt —<br />
wurde gestreikt. Diese Bewegung lief sich allerd<strong>in</strong>gs tot, als das<br />
Interesse <strong>der</strong> Gewerkschaftsführung an den Streiks als Druckmittel<br />
<strong>für</strong> die Verhandlungen um die volle Zahlung e<strong>in</strong>es 13. Monatsgehaltes<br />
erlosch. Und dies war zu dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Fall, als die öffentliche<br />
Hand unter dem Druck <strong>der</strong> Bewegung von unten den For<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaft nachgab. Die Erhöhung <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>zuwendung<br />
zum Jahresende von 66 2 /s % auf 100 °/o e<strong>in</strong>es Monatsgehaltes<br />
im gesamten öffentlichen Dienst war so nicht zuletzt Ergebnis <strong>der</strong><br />
Demonstration <strong>der</strong> Kampfbereitschaft <strong>der</strong> Arbeiter und Angestellten.<br />
Die Breite <strong>der</strong> Bewegung an <strong>der</strong> Basis im öffentlichen Dienst<br />
war 1973 stärker als zuvor. Mehr als früher wurden größere Grup-