Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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Philosophie 457<br />
des Publikumskreises, Publikumsbetätigung, Provokation <strong>in</strong>itiieren<br />
wollen. Auch hier wird letztlich nur wie<strong>der</strong> bürgerlichen Erwartungshaltungen<br />
entsprochen: die Provokation ist e<strong>in</strong>geplant, das Mitspiel<br />
bleibt im <strong>in</strong>stitutionell vorgegebenen Rahmen.<br />
Den IV. Teil und Schluß bildet, um das Gewordense<strong>in</strong> des Vorhandenen<br />
(10/183) aufzuweisen, „die Geschichte <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Kunst o<strong>der</strong> die Geschichte ihrer Befreiung als die Geschichte ihrer<br />
Entfremdung" (144); <strong>der</strong> Bogen spannt sich hier <strong>in</strong> großen Umrissen<br />
von <strong>der</strong> feudalen Kunst bis zum Impressionismus. Dargestellt werden<br />
soll die Entwicklung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Stellung von Kunst, ihre<br />
Lösung aus dem Bezirk <strong>der</strong> Gesamtstruktur und Konstituierung als<br />
isolierter Bereich, und <strong>der</strong> Ursachen des Funktionswandels, <strong>der</strong> sich<br />
„heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> zur Funktionslosigkeit degenerierten Kunst dokumentiert,<br />
(wobei) diese Funktionslosigkeit aber ihre Funktion darstellt"<br />
(183 f). Das Skizzenhafte dieses Teils bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>ige Verallgeme<strong>in</strong>erungen<br />
und Ungenauigkeiten. Wenn Damus z. B. schreibt, daß sich<br />
„die ,abendländische Kunst' des Mittelalters gänzlich im Dienst <strong>der</strong><br />
Herrschenden" (152) befand, so ist das „gänzlich" hier gänzlich falsch,<br />
denn er vergißt die oppositionelle Literatur des Feudalismus. Und<br />
ungenau ist es sicher auch, die mehrtägige Straßenschlacht im Juni<br />
1848 <strong>in</strong> Paris, bei <strong>der</strong> Tausende von Arbeitern getötet wurden, „Massendemonstrationen"<br />
(177) zu nennen, denn damit wird man ihrem<br />
historischen Charakter nicht gerecht.<br />
Aber e<strong>in</strong>e Kritik sollte nicht an diesen Ger<strong>in</strong>gfügigkeiten ansetzen:<br />
zu fragen ist vielmehr, ob <strong>der</strong> von Damus selbstgestellte Anspruch<br />
e<strong>in</strong>gelöst ist, durch Analyse <strong>der</strong> „Bewegungsgesetze <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Gesellschaft bezogen auf e<strong>in</strong>en bestimmten Bereich" — Funktionen<br />
<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Kunst —, teilzuhaben an <strong>der</strong> „Verän<strong>der</strong>ung dieser Gesellschaft"<br />
(8). Dazu würde aber gehören, nicht nur das „Vorhandene<br />
als Gewordenes" (183), son<strong>der</strong>n auch Perspektiven aufzuzeigen,<br />
„Möglichkeiten zur Initiierung gesellschaftlichen Wandels" (102);<br />
und das allerd<strong>in</strong>gs fehlt. Spätkapitalistische Kunst ersche<strong>in</strong>t als völlig<br />
abgeschnitten von realistischer bzw. sozialistisch-realistischer<br />
Kunst; und nur e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf die Verwendung von Wirklichkeitsfragmenten<br />
bei e<strong>in</strong>er künstlerischen Veranstaltung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sowjetunion<br />
nach <strong>der</strong> Oktoberrevolution (36 f.) deutet die neue Qualität<br />
von Kunst an, aber hier unter an<strong>der</strong>en gesellschaftlichen Verhältnissen.<br />
Kunst unter kapitalistischen Bed<strong>in</strong>gungen aber existiert bei<br />
Damus nur als bürgerliche Kunst, ist nur Manipulations<strong>in</strong>strument<br />
zur Herrschaftssicherung. Elemente e<strong>in</strong>er sozialistischen Kunst, Ansätze,<br />
die es zu för<strong>der</strong>n gilt, fehlen bei ihm, ebenso, wie im historischen<br />
Rückbezug etwa Barlach, Grosz, Kollwitz. Dies sche<strong>in</strong>t im Zusammenhang<br />
zu stehen mit e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er methodologischen Anmerkungen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung: <strong>der</strong> Abwehr e<strong>in</strong>er Kritik, die dem Irrglauben<br />
verfällt, „selbst positiv werden zu können, wenn sie z. B.<br />
die bürgerliche Ästhetik durch e<strong>in</strong>e marxistische Ästhetik ersetzt,<br />
statt sich auf die Kritik <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft zu beschränken,<br />
solange diese Gesellschaft <strong>in</strong> ihren Grundlagen nicht berührt<br />
ist." (11) Diesen Vorbehalten ist so zuzustimmen, aber zu unterschei-