Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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510 Besprechungen<br />
Charakterisiert Billerbeck die jeweils führenden Abgeordneten <strong>in</strong><br />
den Landtagen, so spricht er bei <strong>der</strong> SPD und den bürgerlichen Parteien<br />
von <strong>der</strong> „Prom<strong>in</strong>enz" (249), bei <strong>der</strong> KPD auch vom „harten<br />
Kern" (248). Der Antifaschismus <strong>der</strong> KPD sche<strong>in</strong>t ihm sogar „bis zur<br />
Selbstkarikatur übersteigert" (248). An an<strong>der</strong>er Stelle heißt es über<br />
die spezifische Situation <strong>in</strong> Bayern: „die CSU [wird] von e<strong>in</strong>em Gegner<br />
[i. e. die SPD] angegriffen, <strong>der</strong> sich nicht ebenso leicht abwehren<br />
läßt wie die politisch isolierten Kommunisten <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Landtagen.<br />
Von Kommunisten erhobene Vorwürfe konnte man ignorieren; man<br />
brauchte ihnen bloß ihr Fehlverhalten vor 1933 o<strong>der</strong> die Praxis <strong>der</strong><br />
SED und <strong>der</strong> stal<strong>in</strong>istischen UdSSR vorzuhalten. Mit Beschuldigungen,<br />
die von <strong>der</strong> SPD kamen, war es an<strong>der</strong>s: Das Prestige <strong>der</strong> Sozialdemokraten<br />
als antifaschistische, demokratische Kraft war nicht auf<br />
die leichte Schulter zu nehmen." (210/11) Billerbeck bezeichnet den<br />
Kern kommunistischer Argumentation über die nicht ausgeführte<br />
Entmachtung führen<strong>der</strong> Faschisten „als e<strong>in</strong>e kommunistische Spezialität,<br />
sozusagen Handelsmarke kommunistischer Argumentation"<br />
(72). Als e<strong>in</strong> Abgeordneter <strong>der</strong> KPD-Fraktion <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen zur<br />
Frage <strong>der</strong> Entnazifizierung darlegte, daß die KPD <strong>in</strong> dieser Aktion<br />
ke<strong>in</strong>en Weg zur Demokratisierung sehe, „son<strong>der</strong>n daß dazu an<strong>der</strong>e<br />
Maßnahmen notwendig s<strong>in</strong>d, um an die Kreise heranzukommen, die<br />
e<strong>in</strong>e Gefahr <strong>für</strong> den demokratischen Aufbau bedeuten" (160), kommentiert<br />
Billerbeck diese Stellungnahme: „zur Verschärfung o<strong>der</strong><br />
Verbesserung <strong>der</strong> politischen Säuberung trug Interesselosigkeit nicht<br />
bei" (160); auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite bemerkt er über die wahltaktische<br />
Entscheidung <strong>der</strong> SPD <strong>in</strong> Bayern, die Entnazifizierung nicht weiter<br />
zu forcieren: „Sie [i. e. SPD] hatte gespürt, daß es <strong>in</strong> den Augen vieler<br />
Wähler ke<strong>in</strong>e Empfehlung war, wenn man allzu eifrig an <strong>der</strong> Entnazifizierung<br />
festhielt" (166). Wird hier analysiert o<strong>der</strong> werden hier<br />
bereits Rechtfertigungen geäußert?<br />
An an<strong>der</strong>er Stelle heißt es: „Ganz unverblümt und direkt stellt die<br />
KPD die Verb<strong>in</strong>dung zwischen e<strong>in</strong>zelnen Professoren und dem NS<br />
her; neue Gesichtspunkte brachte sie nicht vor." (206) Und e<strong>in</strong> letztes<br />
Beispiel: „Die Sozialdemokraten, die sich <strong>in</strong> Zonen m<strong>in</strong><strong>der</strong>er Radikalität<br />
bewegen, begegnen ihrem breit aufgefächert wahrgenommenen<br />
Feld vorsichtiger, als aufgrund ihres sonstigen allgeme<strong>in</strong>en antifaschistischen<br />
Engagements zu erwarten wäre. Die Kommunisten zeigen<br />
sich konsequenter, begnügen sich jedoch mit stereotypen<br />
Attacken auf wenige Machtzentren <strong>in</strong> Wirtschaft und Staat: ihr Antifaschismus<br />
wird so auf an<strong>der</strong>e Weise <strong>in</strong> sich zurückgenommen." (233)<br />
Diese Zitate deuten auf e<strong>in</strong>e Ger<strong>in</strong>gschätzung antifaschistischer Politik<br />
<strong>der</strong> Kommunisten h<strong>in</strong>. Die antikommunistische Ideologie, die <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Entwicklungsgeschichte <strong>der</strong> <strong>BRD</strong> durchgängig konstatierbar ist,<br />
sche<strong>in</strong>t auch am Autor nicht ganz spurlos vorübergegangen zu se<strong>in</strong>.<br />
Das Urteil, die SPD habe e<strong>in</strong>en konsequenteren Beitrag zum antifaschistischen<br />
Kampf (verstanden als E<strong>in</strong>heit von <strong>Theorie</strong> und Praxis)<br />
als die KPD geleistet, ist nicht aufrechtzuerhalten. Gerade <strong>der</strong> KPD<br />
und später <strong>der</strong> SED kann man nicht absprechen: den entschiedensten<br />
Kampf gegen den Faschismus im Dritten Reich und die überzeugt