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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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Soziale Bewegung und. Politik 507<br />

Bayern während <strong>der</strong> ersten Legislaturperiode quantitativ wie qualitativ<br />

auswertet. Bereits die quantitative Analyse <strong>der</strong> stenographischen<br />

Protokolle ergibt folgendes: e<strong>in</strong> „im ganzen bestechend regelmäßiges<br />

Gefälle von l<strong>in</strong>ks nach rechts" (59), das sich z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Redezeit zu Fragen des NS <strong>in</strong> Prozent <strong>der</strong> Gesamtredezeit zeigen<br />

läßt. Der <strong>in</strong> allen vier Landtagen durchschnittliche Redeumfang e<strong>in</strong>er<br />

Wortergreifung zum Thema NS nimmt gleichmäßig von 23,9 Standardzeilen<br />

bei <strong>der</strong> KPD über 20,5 (SPD), 18,1 (CDU/CSU) zu 16,8 bei<br />

<strong>der</strong> FDP ab.<br />

„Die Kommunisten sche<strong>in</strong>en brennend am Thema [NS] <strong>in</strong>teressiert,<br />

mehr als an<strong>der</strong>e kommen sie als erste darauf zu sprechen, sie behandeln<br />

es zugleich ausführlicher und <strong>in</strong>haltsreicher als an<strong>der</strong>e, mit<br />

deutlichen Abständen folgen die Sozialdemokraten und CDU/CSU;<br />

die Freien Demokraten bilden die Nachhut, sie drängen am wenigsten<br />

zur Diskussion." (60) Dieses l<strong>in</strong>ks-rechts-Gefälle zeigt sich ebenso bei<br />

<strong>der</strong> qualitativen Analyse. Die verb<strong>in</strong>dlichen, gegen beson<strong>der</strong>e Gruppen<br />

gerichteten Aussagen nehmen von KPD bis FDP konstant ab.<br />

Man distanziert sich also auf <strong>der</strong> rechten Seite nur vag und unbestimmt<br />

(67). Ebenso zeigt sich dieses Gefälle bei <strong>der</strong> Frage: wie wird<br />

das Verhältnis sozialer Gruppen zum NS von den Parteien nachträglich<br />

bewertet? Sehen sie <strong>in</strong> dem Verhalten <strong>der</strong> Gruppen e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s<br />

enge Beziehung zum NS (Identifikation)? Die E<strong>in</strong>schätzung des<br />

Verhältnisses von Kapitalisten und NS br<strong>in</strong>gt diese Unterschiede<br />

noch e<strong>in</strong>mal deutlich hervor:<br />

„Für Kommunisten ist sie [die Unternehmerschaft] die treibende<br />

Kraft des Nationalsozialismus schlechth<strong>in</strong>. Zwei Drittel <strong>der</strong> 141 Urteile<br />

über diese Gruppe kommen von kommunistischer Seite, nahezu<br />

ausnahmslos Identifikationen. Neben dieser Kritikfreudigkeit nehmen<br />

sich die Sozialdemokraten zurückhaltend aus [.. .], aber auch ihr<br />

Urteil ist e<strong>in</strong>deutig [hohe Identifikation]. Die CDU/CSU sagt zu diesem<br />

Thema so gut wie gar nichts. Die FDP wagt bereits e<strong>in</strong>ige Rechtfertigungen."<br />

(101) Diese an e<strong>in</strong>igen Beispielen angedeuteten Ergebnisse<br />

werden weiter sehr detailliert dargelegt. An Beispielen <strong>der</strong><br />

Entnazifizierung, des Wahlrechts <strong>für</strong> Nationalsozialisten, <strong>der</strong> Diskussion<br />

über den Rechtsstaat, <strong>der</strong> Justiz, <strong>der</strong> Beamten (<strong>in</strong> Hochschule<br />

und Staat) wie auch <strong>der</strong> gegenseitigen Vorwürfe <strong>der</strong> Nähe zum NS<br />

wird die These des l<strong>in</strong>ks-rechts-Gefälles systematisch untermauert<br />

und begründet. (Bemerkenswert ist die Tatsache (211 ff), daß <strong>der</strong><br />

Vorwurf <strong>der</strong> Nähe zum NS we<strong>der</strong> <strong>in</strong> Hessen noch <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

auch nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Mal zwischen CDU und FDP geäußert worden<br />

ist.)<br />

Gleichzeitig wird deutlich, wie wenig die rechten Parteien bereit<br />

s<strong>in</strong>d, aus <strong>der</strong> Kritik am NS Konsequenzen zu ziehen. Die For<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Kommunisten und Sozialdemokraten nach E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong>- die<br />

„überkommenefn] Besitzrechte und Berufsprivilegien" (170), damit<br />

irreversible Bed<strong>in</strong>gungen geschaffen würden, die das Aufkommen<br />

e<strong>in</strong>es neuen faschistischen Systems unmöglich machten, wurden nicht<br />

erfüllt; durch solche Entscheidungen — so die Argumentation <strong>der</strong><br />

Piechten — wäre die Rechtsstaatlichkeit verlassen worden. Wurde <strong>der</strong>

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