Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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430 Klaus Dieter Lenzen<br />
würfe <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en Büchsenöffner nahelegen." 28 Solchen Programmen<br />
liegt e<strong>in</strong> technisches Verständnis von Kreativität zugrunde, e<strong>in</strong>s, das<br />
sich zeitlos gültig geben muß, damit se<strong>in</strong> historisches Interesse im<br />
Dimke<strong>in</strong> bleiben kann.<br />
Wenn nun Warneken sich auf e<strong>in</strong>e ähnlich unhistorische, technische<br />
Def<strong>in</strong>ition bei <strong>der</strong> Analyse literarisch wirksamer Kreativität e<strong>in</strong>läßt<br />
(s.o.), so me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach deshalb, weil se<strong>in</strong> Versuch, das<br />
„selbstherrlich schaltende Subjekt" (221) als Zentrale <strong>der</strong> literarischen<br />
Produktion zu relativieren, mit <strong>der</strong> selbstherrlichen Ausschaltung des<br />
Subjekts endet. Während Kreativitätstheoretiker ihren Auftraggebern<br />
gegenüber gut daran tun, bei Entwürfen zu Kreativitätstra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogrammen<br />
von Kreativität wie von e<strong>in</strong>em anthropologisch<br />
fixen Potential zu sprechen und auch dadurch den politisch-ökonomischen<br />
Zusammenhang, <strong>in</strong>nerhalb dessen e<strong>in</strong>e den Individuen angetrimmte,<br />
domestizierte Phantasie kapitalistisch mithaushalten soll,<br />
unerwähnt zu lassen, so entfaltet Warneken die Analyse e<strong>in</strong>er spezifischen<br />
„schöpferischen Arbeit" (232), <strong>der</strong> literarischen, eben <strong>in</strong> diesem<br />
politisch-ökonomischen Zusammenhang, um dann vor <strong>der</strong> subjektiven<br />
Seite haltzumachen, auf <strong>der</strong> jene Kreativitätstra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramme<br />
doch wirksam werden. Zwei völlig divergente Argumentationen treffen<br />
sich deshalb bei <strong>der</strong> Bestimmung des Begriffs ,Phantasie' auf<br />
e<strong>in</strong>em ansche<strong>in</strong>end neutralen Terra<strong>in</strong>.<br />
5. Für die Praxis führt <strong>der</strong> Verzicht auf den sekundären subjektiven<br />
Erklärungszusammenhang zu Konsequenzen. Weil <strong>der</strong> vorliegende<br />
„Abriß" den literarischen Produzenten um die Lebensgeschichte<br />
br<strong>in</strong>gt, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>er se<strong>in</strong>e Befähigung zur literarischen Produktion<br />
(produktive Phantasie) sich auf den historisch angemessenen Stand<br />
h<strong>in</strong> entwickeln könnte, wird z. B. die Relevanz pädagogischen E<strong>in</strong>flusses<br />
auf literarische Arbeit vergessen o<strong>der</strong> belächelt; so durch die Feststellung,<br />
„daß zu wirklich umwälzenden, orig<strong>in</strong>alen Leistungen objektive<br />
Bed<strong>in</strong>gungen vorhanden se<strong>in</strong> müssen, die durch Didaktik und<br />
Know how nicht ersetzt werden können" (224/225). O<strong>der</strong> <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er<br />
Formulierung: „Ohne Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> menschlichen Beziehungen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> materiellen Produktion s<strong>in</strong>d die Möglichkeiten <strong>der</strong> Selbstentfaltung<br />
<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bereichen nicht grundsätzlich zu verbessern" (208).<br />
Diese Behauptungen resümieren Prioritäten zu Recht, machen zugleich<br />
aber e<strong>in</strong> legitim als sekundär e<strong>in</strong>geschränktes Thema vergessen.<br />
Es fehlen neben den objektiven Bed<strong>in</strong>gungen zu „umwälzenden, orig<strong>in</strong>alen<br />
Leistungen" (s. o.) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur die mittelbar subjektiven;<br />
e<strong>in</strong>e pädagogische Fragestellung bleibt dadurch ausgeschlossen. Die<br />
ließe sich etwa formulieren: Wie kann unter den von Warneken analysierten<br />
Bed<strong>in</strong>gungen die Fähigkeit zur Produktion und Rezeption<br />
literarischer Produkte (nicht nur „umwälzen<strong>der</strong> Leistungen", son<strong>der</strong>n<br />
auch trivialer) als Bildungsziel e<strong>in</strong>er emanzipatorisch wirksamen<br />
23 G. A. Davis, Übung <strong>der</strong> Kreativität im Jugendalter: e<strong>in</strong>e Diskussion<br />
über die Strategie, <strong>in</strong>: Kreativität und Schule (hrsgg. v. G. Mühle und Chr.<br />
Schell, Reihe: Erziehung <strong>in</strong> Wissenschaft und Praxis Bd. X, München 1970,<br />
S. 109/110.