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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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450 Besprechungen<br />

tation" (5) und <strong>für</strong> die Kunstpolitik sozialistischer Staaten hält, <strong>in</strong><br />

groben Parallelisierungen freilich auch gegen bürgerliche Kunsttheorien<br />

und die Kunstpflege <strong>in</strong> westlichen Län<strong>der</strong>n. Die erste These:<br />

„Kunstwerke entstehen aus polykausalen Prozessen" (6) greift Teile<br />

aus Brechts Differenzierung des Realismus-Begriffs als Modell <strong>für</strong><br />

e<strong>in</strong>e empirisch-<strong>in</strong>duktive Ästhetik heraus: sie nehme <strong>für</strong> das Kunstwerk<br />

die „Koexistenz" mehrerer S<strong>in</strong>nschichten <strong>in</strong> Anspruch, sie<br />

mache es „polyvalent" (13). — Durch die idealtypische E<strong>in</strong>grenzung<br />

von Kunst bei Marcuse und Ernst Fischer werde sie „zur Gegenstimme<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Wirklichkeit und aus dieser ausgegrenzt"<br />

(6). Ihre len<strong>in</strong>istische Festlegung auf die „Wi<strong>der</strong>spiegelung<br />

gesellschaftlicher Bewußtse<strong>in</strong>svorgänge" (9) mache sie an<strong>der</strong>erseits<br />

monokausal, die „For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>deutiger klassenkämpferischer<br />

Zweckbestimmung" (14) wi<strong>der</strong>spreche ihrer Polyvalenz und betreibe<br />

die „Ideologisierung <strong>der</strong> künstlerischen Tatsachen" (13). Die zweite<br />

These richtet sich gegen jede „protektionistische Programmierung"<br />

von Kunst (17). Hofmann will ihre Autonomie retten, sowohl gegen<br />

politische Indienstnahme wie gegen ihre Etablierung als e<strong>in</strong>es <strong>der</strong><br />

„unverb<strong>in</strong>dlichen Prestigesymbole <strong>der</strong> Privatsphäre" (22). Gerade die<br />

Berufung sozialistischer Län<strong>der</strong> auf das humanistische Kulturerbe<br />

bezeichne die Verstrickung von Kunst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ém affirmativen Kanon.<br />

Daraus leitet sich Hofmanns dritte These ab: „Die Musealisierung<br />

entmündigt die Kunst" (25). — Die rigide Empfehlung an die Künstler,<br />

„<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vollzug die Strategie <strong>der</strong> Anpassung und <strong>der</strong> Nichtanpassung"<br />

(35) als „Unterwan<strong>der</strong>ung" (30) des gesamtgesellschaftlichen<br />

Produktionsapparates zu üben, beschließt den Traktat: „Der<br />

Künstler dieses Typs wird <strong>in</strong> zunehmendem Maße die ästhetischen<br />

Reservate <strong>der</strong> Museen gegen die öffentlichen Bereiche vertauschen.<br />

Er wird dem anachronistischen Unterricht an e<strong>in</strong>er Kunstakademie<br />

die Praxis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Industrieunternehmen vorziehen" (37).<br />

Solche Emphase ist <strong>in</strong> späteren Publikationen Hofmanns gebrochen.<br />

So ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Markt, auf den er hier mit e<strong>in</strong>er auf Brecht sich<br />

berufenden Vorstellung e<strong>in</strong>er progressiven Anverwandlung von<br />

Kunst an die Warenform (26/34—35) noch große Hoffnungen setzt,<br />

später als Teufelskreis, dem ke<strong>in</strong>e ihrem Selbstverständnis nach<br />

oppositionelle Aktivität mehr entgehen kann („Kunst jenseits <strong>der</strong><br />

geschlossenen Systeme". In: Merkur 25. Jg., 1971, S. 955—969). Modelle<br />

— <strong>in</strong> Hofmanns S<strong>in</strong>ne — politischer Kunstbewegungen s<strong>in</strong>d nur<br />

noch <strong>in</strong> historischem Rekurs zu gew<strong>in</strong>nen: Dadaismus, Surrealismus<br />

und Konstruktivismus gew<strong>in</strong>nen posthume Aktualität. An diesen<br />

älteren Avantgardebewegungen ist Hofmanns Kunstbegriff geschult,<br />

auch heute haben sie <strong>für</strong> ihn nichts an Verb<strong>in</strong>dlichkeit verloren: „Sie<br />

s<strong>in</strong>d nicht abgeschlossene Geschichtskapitel, son<strong>der</strong>n Modellsituationen<br />

e<strong>in</strong>er Revolution, die noch nicht stattgefunden hat und immer<br />

noch stattf<strong>in</strong>den will" (30). Wie wenig Hofmann se<strong>in</strong>er Auffassung<br />

von <strong>der</strong> „Polykausalität" und „Polyvalenz" <strong>der</strong> Kunst wirklich folgen<br />

kann, beweist sich gerade hier: Würde e<strong>in</strong>e totale Vieldeutigkeit den<br />

Werken jede Dist<strong>in</strong>ktion nehmen, so würde e<strong>in</strong>e totale Polykausalität<br />

sie außerhalb jedes genetischen Zusammenhangs ansiedeln. Das

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