Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Ökonomie 531
Ansätze. Geld ist für ihn lediglich ein Zirkulationsmittel, dessen
Menge selbständig die Warenpreise reguliert. Vor dem Hintergrund
der gegenwärtigen Währungsdiskussion könnte der Abdruck dieses
Aufsatzes als Beitrag für eine restriktive Geldpolitik und gegen
Devisenbeschränkungen im internationalen Verkehr interpretiert
werden.
Jörg Goldberg (Köln)
Rau, Eugen: Der Verfall des Fortschrittsgedankens
in der ökonomischen Theorie. Zum Irrationalismus in
der bürgerlichen Ökonomie. Kleine Bibliothek, Bd. 28. Pahl-Rugenstein
Verlag, Köln 1972 (280 S., br., 12,80 DM).
Die Trennung von Werturteil und wissenschaftlicher Untersuchung
macht die Wissenschaft disponibel für ihre Unterwerfung
unter fortschrittsfeindliche Ziele. Besonders die positivistischen Ansätze,
die in ihrer Methodik die Totalität der Gesellschaft in kleine
Untersuchungsausschnitte zerschlagen, lassen „Teilrationalität in
Irrationalität umschlagen" (12). Rau setzt gegen das Postulat der
,Werturteilsfreiheit' die dialektische Wissenschaftsauffassung, die
„bewußt und damit parteiisch in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen"
(32) steht. Leider gelingt es dem Autor im Zuge seiner
weiteren Untersuchungen nicht ganz, diesen beschriebenen Zusammenhang
zwischen wissenschaftlicher Methode und Aussage deutlich
zu machen.
Nach einer dogmengeschichtlichen Darstellung der Positionen von
Bacon und Hobbes, die den menschlichen Fortschritt als zentralen
Gedanken wissenschaftlicher Praxis setzten, befaßt sich Rau mit der
Entwicklung der Arbeitswerttheorie, die als unverzichtbarer Bestandteil
jeder fortschrittlichen Ökonomie gewertet wird. Indem sie
die Arbeit als einzigen Schöpfer aller Werte erkennt, bestimmt sie
die Weiterentwicklung der menschlichen Fähigkeiten als Bedingung
jeden Fortschritts. In einer historischen Phase, in der das Wachstum
des Kapitals identisch war mit der Weiterentwicklung der Arbeitsproduktivität
und der Steigerung der Warenproduktion, konnten
Smith und Ricardo die kapitalistische Produktionsweise als einzig
,natürliche' betrachten. Aber die Arbeitswerttheorie in ihrer klassischen
Form wird bald unverträglich mit den Interessen der bürgerlichen
Klasse. So wurde denn auch von der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft
dieses Herzstück der klassischen Nationalökonomie in
dem Maße fallen gelassen, wie das Ziel der Kapitalverwertung in
Konflikt mit dem Ziel der Steigerung des gesellschaftlichen Reichtums
geriet.
Indem die Arbeitswerttheorie die unproduktiven Funktionen der
herrschenden feudalen Klassen entlarvte, war sie zugleich eine
Waffe der aufstrebenden Bourgeoisie im Kampf um die Macht. Je
mehr die Bourgeoisie sich jedoch etablierte, desto geringer wurde