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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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Philosophie 449<br />

Bedeutungsträger arrangiert, so daß se<strong>in</strong> Bild das Skandalöse e<strong>in</strong>er<br />

Epoche, nicht das e<strong>in</strong>es Individuums, wird. E<strong>in</strong> freiwillig o<strong>der</strong> (beim<br />

Schizophrenen) unfreiwillig halluz<strong>in</strong>iertes Ersatz-Ich tritt an die<br />

Stelle des Selbst, das zur Summe e<strong>in</strong>geschliffener gesellschaftlicher<br />

Reaktionsweisen auf verselbständigte Mechanismen herabgekommen<br />

ist. Die schizophrene Revokation des ursprungsmythischen Zustande —<br />

charakteristisch <strong>für</strong> verschiedene Kunstströmungen <strong>der</strong> Gegenwart —,<br />

<strong>in</strong> dem es die ungebändigte Natur war, die das Selbst so entmächtigte,<br />

vermag das Bild unserer Zeit zu geben. Aus dieser Sphäre stammt die<br />

Regression auf den Fetischismus, auf magische Praktiken <strong>in</strong> Happen<strong>in</strong>gs<br />

und Materialaktionen, <strong>in</strong> denen die Negation gefor<strong>der</strong>ter<br />

Askese prähistorische Wünsche aktualisiert, denen Gorsen jene<br />

Sprengkraft zutraut. Sie sollen die Revolution durch Regression e<strong>in</strong>leiten:<br />

Schizophrenie wird ihm zu Symptom, Resultat und Therapie<br />

des herrschenden schlechten Allgeme<strong>in</strong>en zugleich. Da Gorsen auch<br />

auf die von den Künstlern nicht verschmähte künstliche Schizophrenie<br />

mit Hilfe von Drogen e<strong>in</strong>geht, liegt es nahe, ihn mit e<strong>in</strong>er historisch<br />

wi<strong>der</strong>legten und so ihn wi<strong>der</strong>legenden Phase <strong>der</strong> neuen L<strong>in</strong>ken <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen. Aber mit ihr ist Gorsen nicht umstandslos<br />

gleichzusetzen, obwohl se<strong>in</strong>e Strategie noch „h<strong>in</strong>ter" Marcuses große<br />

Weigerung zu fallen sche<strong>in</strong>t. E<strong>in</strong> Nutzen se<strong>in</strong>er Analysen könnte <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Aktualisierung e<strong>in</strong>iger dieser verschütteten Traditionen liegen,<br />

die <strong>in</strong> Zeiten e<strong>in</strong>er allzusehr <strong>in</strong>s Gegenteil früherer Phasen ausschlagenden<br />

Diszipl<strong>in</strong>ierung korrektive Funktion erhalten könnten. Ansonsten<br />

ist Gorsens Buch e<strong>in</strong>e geistreiche Rechtfertigung <strong>der</strong> theoretischen<br />

Kunstbetrachtung, die Gorsen, versteht sich, nicht gänzlich <strong>der</strong><br />

s<strong>in</strong>nlich-praktischen zu opfern bereit war.<br />

Lothar Quandt (Regensburg)<br />

Hofmann, Werner: Kunst und Politik. Über die gesellschaftliche<br />

Konsequenz des schöpferischen Handelns. Spiegelschrift 1.<br />

Galerie Der Spiegel, Köln 1969 (45 S., br., 5,80 DM).<br />

Die Broschüre, erweiterte Fassung e<strong>in</strong>es Aufsatzes „Für e<strong>in</strong>e<br />

Kunst <strong>der</strong> politischen Konsequenz" (Merkur 22. Jg., 1968, S. 289—304),<br />

bildet den Auftakt zu e<strong>in</strong>er Reihe von Aufsätzen, die Hofmann <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren zu diesem Thema publiziert hat, und fixiert ihre<br />

Grundposition. Ihr Autor, Direktor <strong>der</strong> Hamburger Kunsthalle, war<br />

auf dem Kunsthistorikertag 1972 Kandidat e<strong>in</strong>er progressiven Fraktion<br />

<strong>für</strong> den Vorsitz des „Verbandes Deutscher Kunsthistoriker" und<br />

trat mit e<strong>in</strong>em Vortrag über Trotzkis Kunsttheorie auf (Abdruck <strong>in</strong>:<br />

Merkur 26. Jg., 1972, S. 916—926). Schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kritik an den Referaten<br />

des Kongresses von 1970 hat er sich gegen Rituale und methoden<strong>kritische</strong><br />

Abst<strong>in</strong>enz se<strong>in</strong>es Faches gewandt, allerd<strong>in</strong>gs nicht ohne<br />

vehementen Ideologieverdacht gegen alle erklärt marxistische Kunst<strong>in</strong>terpretation.<br />

Die vier Grundthesen, von denen Hofmann hier ausgeht, s<strong>in</strong>d<br />

explizit auf das gerichtet, was er <strong>für</strong> „die marxistische Argumen-

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