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Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

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370 Kurt Ste<strong>in</strong>haus<br />

war. 45 000 Arbeiter und Angestellte demonstrierten e<strong>in</strong>deutig, daß<br />

sie nicht gewillt waren, sich dem Druck des Großkapitals zu beugen.<br />

Diese feste Haltung unterstrichen auch Zehntausende von Metallarbeitern<br />

<strong>in</strong> Hamburg und an<strong>der</strong>en Bezirken, die am 8. und 9. 12.<br />

zahlreiche Warnstreiks durchführten. Infolgedessen begannen die<br />

Unternehmer e<strong>in</strong>zulenken. Neuaufgenommene Tarifgespräche führten<br />

schon am 10. 12. zu e<strong>in</strong>em Ergebnis, dem Gewerkschaft und Unternehmer<br />

zustimmten: 180 DM netto <strong>für</strong> Oktober bis Dezember<br />

1971, dann 7,5 % <strong>für</strong> 12 Monate, stufenweise Tarifierung e<strong>in</strong>es 13.<br />

Monatsgehalts je nach Betriebszugehörigkeit bis zu 30% ab 1972<br />

und bis zu 40% ab 1974. Nachdem die Urabstimmung am 13./14. 12.<br />

e<strong>in</strong>e Mehrheit von 71,2 % <strong>für</strong> diesen Kompromiß ergeben hatte, endete<br />

<strong>der</strong> Streik am 15. 12. nach über drei Wochen Dauer. Bis zum<br />

18. 12. wurden dann auf <strong>der</strong> Grundlage dieses Abschlusses auch <strong>in</strong><br />

den an<strong>der</strong>en Bezirken neue Tarifverträge <strong>für</strong> die Metall<strong>in</strong>dustrie<br />

vere<strong>in</strong>bart. In <strong>der</strong> Stahl<strong>in</strong>dustrie kam e<strong>in</strong> Abschluß (November 1971<br />

bis Februar 1972 pauschal 200 DM, dann bis 31. 12. 1972 6 %) erst im<br />

Januar 1972 zustande.<br />

Der Metallarbeiterstreik 1971 — am ehesten noch zu vergleichen<br />

mit dem Lohnkampf von 1963, als ebenfalls <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

400 000 Arbeiter ausgesperrt worden waren — war e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> härtesten<br />

und längsten Klassenause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen seit Bestehen <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik. Im Unterschied zu den betrieblichen Streiks <strong>der</strong><br />

Jahre 1969 und 1970 wurde 1971 das gesamte Großkapital, <strong>für</strong> die<br />

Arbeiter und Angestellten des Südwestens personifiziert vor allem<br />

durch den Konzernherren Schleyer (Daimler-Benz), als Gegner <strong>der</strong><br />

Arbeiterklasse sichtbar. Diese scharfe und offene Konfrontation fand<br />

auch verbal vielfältigen Nie<strong>der</strong>schlag: Die Losungen und Transparente<br />

<strong>der</strong> Arbeiter, aber auch die gewerkschaftlichen Veröffentlichungen<br />

wie die „Streik-Nachrichten" zeigen, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong>art zugespitzten<br />

Situationen die Arbeiter und die Gewerkschaften zur Sprache<br />

des Klassenkampfes f<strong>in</strong>den. Das irreführende Begriffspaar „Arbeitnehmer"<br />

und „Arbeitgeber" wurde ersetzt durch die analytischen<br />

Begriffe „Arbeiterklasse" und „Kapitalisten". Es war wie<strong>der</strong> die<br />

Rede vom Großkapital, das — wie es IG Metall-Bezirksleiter Bleicher<br />

am 8. 12. auf <strong>der</strong> Stuttgarter Kundgebung ausdrückte — brutal<br />

se<strong>in</strong>e „profitgierige Fratze" zeigt. Gegen diesen klar erkannten Klassengegner<br />

wurde von Seiten <strong>der</strong> Metallarbeiter stets die völlige Geschlossenheit<br />

<strong>der</strong> Streikfront <strong>in</strong>s Feld geführt: Streikbrecher gab es<br />

so gut wie gar nicht. Darüber h<strong>in</strong>aus brachten — wesentlich ausgeprägter<br />

als früher — auch die Angestellten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die technischen<br />

Angestellten, von denen ja nur e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit durch die IG<br />

Metall <strong>in</strong> den Streik e<strong>in</strong>bezogen war, durch vielfache Solidaritätsspenden<br />

und -bekundungen ihre Unterstützung <strong>für</strong> die streikenden<br />

und ausgesperrten Arbeiter zum Ausdruck.<br />

Die Taktik <strong>der</strong> IG Metall ist freilich von Kritik nicht verschont<br />

geblieben. Vor allem haben viele Gewerkschafter angesichts des<br />

straff zentralisierten Vorgehens von „Gesamtmetall" e<strong>in</strong>e zu starre<br />

Fixierung auf das Konzept des regional geführten Tarifkampfes

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