Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
498 Besprechungen<br />
kunft <strong>der</strong> „Großen Drei" nach Beendigung des Krieges <strong>für</strong> den Akt<br />
ansah, <strong>der</strong> die vorausgegangenen kriegszielpolitischen Entscheidungen<br />
summarisch sanktionierte, hat Deuerle<strong>in</strong> <strong>der</strong> Konferenz von<br />
Potsdam e<strong>in</strong>e ganze Serie historiographisch-dokumentarischer Arbeiten<br />
gewidmet, von denen jedoch ke<strong>in</strong>e den Rahmen des konventionellen,<br />
mit manchen Zeichen <strong>der</strong> politischen Opportunität versehenen<br />
Interpretationsansatzes <strong>der</strong> westdeutschen bürgerlichen Geschichtswissenschaft<br />
sprengt. Dies gilt auch <strong>für</strong> die vorliegende Monographie.<br />
Von den an<strong>der</strong>en Publikationen Deuerle<strong>in</strong>s zur Potsdamer<br />
Konferenz hebt sie sich jedoch dadurch ab, daß <strong>in</strong> ihr <strong>der</strong> Autor se<strong>in</strong><br />
apologetisches Interesse an <strong>der</strong> Materie — nämlich die Intention, das<br />
Potsdamer Abkommen e<strong>in</strong>seitig zur Legitimierung <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Westzonen und <strong>der</strong> Bundesrepublik heranzuziehen —<br />
geschickt h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> exzessiven Befolgung an sich begrüßenswerter<br />
methodologischer Postulate verbirgt. Er appelliert an den Leser, die<br />
Konferenz von Potsdam nicht isoliert zu betrachten (151), und von<br />
<strong>der</strong> Geschichtswissenschaft verlangt er somit implizite, <strong>der</strong>en Analyse<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e umfassen<strong>der</strong>e Darstellung deutscher Geschichte e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />
Deuerle<strong>in</strong> selbst realisiert dieses Konzept, <strong>in</strong>dem er se<strong>in</strong>e Monographie<br />
mit e<strong>in</strong>er Strukturanalyse des Versailler Staatensystems beg<strong>in</strong>nen<br />
läßt; zwei Drittel <strong>der</strong> gesamten Studie widmet er <strong>der</strong> weiteren<br />
Vorgeschichte <strong>der</strong> Potsdamer Konferenz. Durch diese Disproportion<br />
ist die Kernfrage nach den politischen und gesellschaftlichen<br />
Konsequenzen <strong>der</strong> Potsdamer Beschlüsse, nach dem jeweiligen Verhältnis<br />
von vertraglicher Norm und besatzungspolitischer Realität,<br />
bereits formal dim<strong>in</strong>uiert. Deuerle<strong>in</strong> entschärft sie aber auch <strong>in</strong>haltlich,<br />
<strong>in</strong>dem er die Artikel <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung vom 2. August 1945 als<br />
„doppelgesichtig" charakterisiert: „sie schauen <strong>in</strong> die Vergangenheit<br />
und <strong>in</strong> die Zukunft, da sie die Liquidation <strong>der</strong> Vergangenheit und<br />
die Neugestaltung <strong>der</strong> Zukunft zum Ziele haben" (152). Somit entpuppt<br />
sich Deuerle<strong>in</strong>s historiographisches Faible <strong>für</strong> geschichtliche<br />
Kont<strong>in</strong>uität als Vorliebe <strong>für</strong> das historisch Unspezifische. Da <strong>der</strong><br />
Verfasser verschweigt, daß den Potsdamer Beschlüssen nicht nur e<strong>in</strong>e<br />
solch generelle Intention zugrundelag, son<strong>der</strong>n daß die Vere<strong>in</strong>barungen<br />
sehr konkret auf die Elim<strong>in</strong>ierung des Faschismus und auf die<br />
Konstituierung e<strong>in</strong>er demokratischen Gesellschaft <strong>in</strong> Deutschland<br />
h<strong>in</strong>zielten, kann er auch die „normativen E<strong>in</strong>zelbestimmungen" des<br />
Abkommens (121 ff.) nach h<strong>in</strong>länglich bekannter, von <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Geschichtswissenschaft und <strong>der</strong> politischen Rhetorik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
unzählige Male vorexerzierter antikommunistischer Manier<br />
ausdeuten. Erklärt er den Umstand, daß sich die Partner <strong>der</strong><br />
Anti-Hitler-Koalition überhaupt auf diese Bestimmungen e<strong>in</strong>igen<br />
konnten, obwohl ihre deutschlandpolitischen Konzepte gerade <strong>in</strong> entscheidenden<br />
Punkten — Demokratisierung, Entflechtung etc. — divergierten,<br />
wie üblich mit dem leichtfertigen Vertrauen <strong>in</strong> den term<strong>in</strong>ologischen<br />
Konsens (z. B. 136 f.), so <strong>in</strong>terpretiert er im folgenden<br />
die politischen und wirtschaftspolitischen Grundsätze, die das Kommuniqué<br />
vom 2. August 1945 ausweist, ohne Unterschied zugunsten<br />
<strong>der</strong> westlichen Position. E<strong>in</strong>heitlich beantwortet er auch die Frage,