Klassenkämpfe in der BRD - Instituts für kritische Theorie (InkriT)

Soziale Bewegung und. Politik 511
antifaschistische Haltung nach 1945, die auch in der damaligen SBZ
— im Gegensatz zu allen Westzonen — zur konsequenten Entmachtung
aller Faschisten in Machtpositionen geführt hat, unter Beweis
gestellt zu haben.
Hartfrid Krause (Darmstadt)
Pütz, Helmuth: Die Christlich Demokratische Union.
Entwicklung, Aufbau und Politik. Ämter und Organisationen der
BRD, Bd. 30. Boldt Verlag, Bonn 1971 (240 S., br., 16,80 DM).
Von analytischen Skrupeln kaum geplagt, attestiert Pütz der CDU
die Eigenschaften einer zugleich konservativen und progressiven,
funktionstüchtigen, pragmatischen, verschiedenartige Interessen integrierenden,
um innerparteiliche Demokratie besorgten, erfolgreichen
etc. Volkspartei (z.B. 10, 112 ff.). Das Image, um das sidi die
Union de facto selbst vergeblich müht: der Autor zaubert es hervor,
indem er ihre programmatischen Aussagen sinngetreu reproduziert
und mit progressistischen Floskeln anreichert.
Die beflissenen Apologien des Autors beginnen mit der Retrospektive.
Er erweckt den Eindruck, als hätten eigengesetzliche wirtschaftspolitische
Entwicklungen bewirkt, daß sich die CDU von der
programmatischen Fixierung auf den „christlichen Sozialismus"
(Neheim-Hüsten und Ahlen) löste und „die pragmatische Wirtschaftspolitik
der Sozialen Marktwirtschaft" übernahm (91). Nichts deutet
in der Darstellung von Pütz darauf hin, daß am Beginn der „Sozialen
Marktwirtschaft" — sprich der kapitalistischen Restauration — eine
Besatzungspolitik und mit ihr kooperierende politische Kräfte standen,
die die Unternehmer weitgehend von der Entnazifizierung ausnahmen,
alle verfassungsrechtlichen und politischen Sozialisierungsbestrebungen
liquidierten, die kommunistische Bewegung unterdrückten
und die westlichen Zonen wirtschaftlich und politisch separierten.
So apologetisch, wie er die Anfänge der christdemokratischen Politik,
und so unkritisch, wie er die Struktur der CDU beschreibt, so
euphemistisch stellt er die Zukunftschancen der Partei dar. Sein
Loblied auf die ehemalige Regierungs- und heutige Oppositionspartei
CDU (136 ff.) schließt er in der Gewißheit: „Die CDU war sympathisch
und wird es auch dadurch in Zukunft bleiben, daß sie menschliche
Un Vollkommenheit — auch in der Politik — widerspiegelt." Aufschlußreich
für das politikwissenschaftliche Studium ist die Monographie,
weil sie in extenso christdemokratische Ideologie präsentiert,
nützlich vor allem, weil sie einen umfangreichen dokumentarischen
und statistischen Anhang enthält.
Frank Niess (Heidelberg)